Das veränderte Rollenbild der Väter

Rechte und Pflichten

Das Bild des Vaters hat sich in mitteleuropäischen Gesellschaften während der vergangenen 200 Jahre radikal verändert. Der Mann hat seine Rolle als Pater Familias aufgegeben. Ein neues Rollenverständnis ist gefragt - aber welches?

Über Jahrhunderte wurde der Vater als allmächtig erlebt. Er vertrat in der Familie die Obrigkeit. Nicht selten entschied er über Leben und Tod von Familienmitgliedern und Gesinde. Seine Aufgabe war es, auf die Einhaltung der Gesetze von Kirche und Staat zu achten.

Alimentationspflicht

Doch auch Väter wurden in die Pflicht genommen. Und zwar dann, wenn sie im Sinne des Paternitätsprinzips für den illegitimen Sohn oder die illegitime Tochter die Verantwortung übernehmen sollten, erzählt die Historikerin Christa Hämmerle von der Universität Wien.

"Es herrschte für Frauen ein Geständniszwang, den Vater ihres ledigen Kindes anzugeben. Dann forderten die Behörden durch Vaterschaftsprozesse die Alimente vom Vater ein. Im Zuge einer Einführung der bürgerlichen Rechte wurde die Verantwortung für ein lediges Kind den Müttern übertragen."

Frauen hatten es nun mehr schwer, Alimente einzuklagen. Im französischen Code Civil wurde sogar ausdrücklich verboten, nach der Vaterschaft zu suchen. Dieses Rechtsprinzip wurde europaweit übernommen. Die Verantwortung für die ledigen Kinder wurde den Müttern zugeschoben. Armut und Ächtung waren in vielen Fällen die Folge. Mit dem bürgerlichen Gesetzbuch setzte sich die Kleinfamilie als gesellschaftliche Norm durch.

Eifersucht auf das Kind

Von ihren Familien hingegen fühlen sich Väter häufig ausgeschlossen. Und das beginnt bereits mit der Geburt des ersten Kindes. Denn vor allem in den ersten Lebensmonaten des Kindes bestimmt die Mutter - Kind Beziehung die Dynamik des Familienlebens. Viele Männer reagieren eifersüchtig, sie sind wütend und hilflos. Manche reagieren mit Gewalt.

Nach wie vor werden gewalttätige Väter selten angezeigt, die Statistiken beleuchten nur die Spitze eines Eisberges. So hat der Verein Autonomer Österreichischer Frauenhäuser, der in 23 Frauenhäusern österreichweit Gewaltopfern Schutz bietet, im Jahr 2008 für 1600 Frauen und 1620 Kindern eine Unterkunft bereit gestellt. Doch weniger als ein Drittel der betroffenen Frauen haben die Gewalttäter angezeigt, vor denen sie geflohen sind.

Der Kontakt des Kindes zum Vater

In vielen Scheidungsprozessen wird Gewalt ebenfalls zum Thema, sagt Miriam Tazi- Preve vom Österreichischen Institut für Familienforschung der Universität Wien. Und das Gericht steht dann vor der schwierigen Entscheidung, ob der Kontakt zu dem gewalttätigen Vater abgebrochen werden soll, oder nicht.

Denn der Kontakt zum Vater ist für die Entwicklung des Kindes wichtig. Er ist Teil der kindlichen Identität. Mit dem Vater muss sich das Kind konfrontieren, mit ihm muss es sich auseinander setzen können, um selbständig zu werden.

Doch auch bei Scheidungen, die in beiderseitigem Einvernehmen ausgesprochen werden, reißt der Kontakt zwischen Kindern und Vätern oft ab, und zwar durchschnittlich nach dem zweiten Trennungsjahr.

Zu wenig geteilter Alltag

Seit der Familienrechtsreform 2001 gilt das Besuchsrecht als Recht des Kindes: das Kind kann bestimmen, ob und wie oft es den Vater sehen will. Auch die geteilte Obsorge im Fall einer Scheidung ist möglich. Doch müssen die Partner einen fixen Lebensmittelpunkt für ihr Kind festlegen. Und was hier für das Wohl des Kindes gesetzlich bestimmt wurde, führt in der Praxis oft zum Beziehungsabbruch.

Denn die Besuchsväter teilen mit ihren Kindern nicht den Alltag, sagt Harald Werneck vom Institut für Psychologie der Universität Wien. "Qualität wird auch durch Quantität definiert. Oft reicht ein Wochenende nicht aus, um die Beziehung zum Kind aufzubauen. Hier muss man nach neuen Modellen suchen."

Der Wunsch ist da

Das Selbstverständnis, WIE Väter die Verantwortung für ihre Kinder übernehmen wollen, hat sich in den vergangenen Jahrzehnten geändert. Viele Männer artikulieren den Wunsch, am Leben der Kinder Anteil zu haben. Noch gelingt es nur wenigen.

Und Vorbilder gibt es kaum, an denen sich die jungen Väter orientieren können. Doch manche sind aufgebrochen, um neue Wege zu suchen, und sie zeigen sich kämpferisch.

Hör-Tipp
Radiokolleg, Montag, 8. Juni bis Mittwoch, 10. Juni 2009, 9:05 Uhr

Buch-Tipps
Dieter Bednarz, "Überleben an der Wickelfront", DVA Sachbuch 2009

Hermann Gruner, Eckhard Kuhla (Hg), "Befreiungsbewegung für Männer", Psychosozial Verlag 2009

Dagmar Leupold, "Nach den Kriegen", C. H. Beck 2004

Brigitte Schwaiger, "Lange Abwesenheit," Rowohlt Taschenbuch Verlag 1982

Dieter Thomä, "Väter, Eine moderne Heldengeschichte", Carl Hanser Verlag 2008

Links
GEO.de -Das neue Bild vom Vater
Doppelresidenz
Junge Väter
Väter.de