Beim Misthaufen rechts

Die Schule am Berg

Eine abgelegene Berghütte dient als ein etwas anderes Schulhaus: Eine ehemalige Volksschullehrerin vermittelt Dinge aus dem bäuerlichen Alltag. Sie bietet Ferien von der Konsumgesellschaft und veranstaltet Symposien und Lesungen.

"Mitten in der Gabelung steht ein Misthaufen. Hier rechts vorbei. Am Ende des Weges liegt die Alm." So lautet die Wegbeschreibung für das letzte Stück zur Kalchkendlalm, die oberhalb der Gemeinde Wörth im Raurisertal liegt. Grüne Weiden, schroffe Felsen, das atemberaubende Bergpanorama der Hohen Tauern. Man ist in einer anderen Welt angekommen. Vor dem alten Bauernhaus aus Holz plätschert Wasser aus dem Brunnen, Katzen tollen wie Wollknäudel über den Hof, gefleckte Schweine genießen nahezu unbeschränkten Auslauf.

Spätes Almglück

Die Kalchkendlalm - ein alter Selbstversorgerhof - stand lange leer, bevor ihn Roswitha Huber in mühevoller Kleinarbeit zum Schulhaus mit Übernachtungsmöglichkeit umbauen ließ. In ihrer Almschule, die sowohl von Schulklassen als auch von Erwachsenengruppen besucht wird, vermittelt die Almlehrerin Dinge aus dem bäuerlichen Selbstversorgungsalltag. In Seminaren, Vorträgen und Symposien vertieft man sich mit allen Sinnen in die Themen Kräuter, Brot, Milch und Fleisch.

Alles hausgemacht

In der gemütlichen Stube knistert der Herd, am klobigen Tisch duftet der Begrüßungstee. Die Kräuter - von Apfelminze über Himbeerblatt bis Zitronenmelisse - hat man vorher selbst gepflückt.

Möglichst viel selbst produzieren und auf industriell hergestellte Nahrung verzichten ist ein Prinzip der Bergschule. Schulklassen, die für ein paar Tage auf die Alm kommen, lassen Chips, Schokolade und Softdrinks daheim. Zum Kaufen gibt es nichts auf der Kalchkendlalm. Der Verzicht auf alte Konsumgewohnheiten fällt nicht leicht. Vom Kuchen bis zur Butter aufs Brot wird vieles selbst gemacht.

Ich mach' mir mein Butterbrot!

Es ist kein Aufsatzthema sondern klare Arbeitsanweisung beim Brotseminar, das im Sommer drei Mal pro Woche stattfindet: Man verkostet Roggen- und Weizenkörner und mahlt sie zu Mehl. Jeder Teilnehmer knetet seinen eigenen Laib Brot selbst aus dem Sauerteig, versucht sich im Melken, schöpft den Rahm aus der Milch, schüttelt sein Stück Butter im Glas. Während der Brotteig rastet, wird der Holzofen angeheizt.

Brotduft liegt in der Luft

Im Raurisertal wurde Brot traditionell im Holzofen gebacken - eine beinah vergessene Tradition, die Dank der Almlehrerin wieder neues Feuer bekommt.

Seit Roswitha Huber ihre Brotbackkurse hält erleben die steinernen Öfen mit Schindeldach und Rauchfang eine Renaissance in der Region: Wer auf sich hält, lässt sich einen Holzofen vorm Haus errichten und "schießt" ab und zu das eigene Brot ein, wie es im Holzofenjargon heißt.

Brot-Symposium

In Sachen Brot macht Roswitha Huber mobil: Beim Brot-Symposium in Rauris vom 4. bis 6. September finden sich Brotproduzenten aus aller Welt zum Austausch ein.

Auch Appolonia Poilane ist mit dabei: Sie vertritt die berühmte Holzofenbrotmanufaktur in Paris und bäckt Brot, auf das auch Stars wie Robert de Niro und Johnny Depp nicht verzichten wollen. Beim Brot-Symposium werden sämtliche Holzöfen der Region angeheizt. Bei Musik, Vorträgen und Erzählungen rund ums Brot wird das wichtige Nahrungsmittel verkostet.

Hör-Tipp
Ambiente, Sonntag, 21. Juni 2009, 10:06 Uhr

Link
Die Schule am Berg