Die Krise am Arbeitsmarkt
Löhne senken oder Arbeitszeit verkürzen?
Sollten Menschen generell weniger arbeiten und dafür pro Stunde mehr bezahlt bekommen? Oder besser mehr arbeiten für weniger Geld? Ulrich Schuh und Jörg Flecker diskutieren in den Saldo Sommergesprächen über den Umgang mit der Krise am Arbeitsmarkt.
8. April 2017, 21:58
Mehr arbeiten für weniger Geld - oder umgekehrt?
Kurzarbeit ist die Reaktion vieler Unternehmen auf die Wirtschaftskrise: Die Normalarbeitszeit wird für einen bestimmten Zeitraum herabgesetzt. Das Ziel von Kurzarbeit ist, die Beschäftigung bei unvorhersehbaren und vorübergehenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu sichern. Besonders stark betroffen sind die industriellen Gebiete in Oberösterreich und in der Steiermark. Über 60.000 Beschäftigte sind derzeit in Kurzarbeit. Die Arbeitslosenrate wird vom Institut für Höhere Studien für das nächste Jahr auf 7,5 Prozent geschätzt. Die Antworten auf die Wirtschaftskrise sind vielfältig: "Nulllohnrunde" oder gar "Löhne senken" sagen die einen, "Arbeitszeit verkürzen" meinen die anderen.
Genug zu tun
Es gäbe langfristig keinen Grund, zu denken, dass uns die Arbeit ausgehen könnte, so Ulrich Schuh, Ökonom am Institut für Höhere Studien. Gerade im Bereich der häuslichen Arbeit, der Pflege und der Kinderbetreuung gibt es sehr viel zu tun, ergänzt Jörg Flecker, Leiter der Forschungs- und Beratungsstelle Arbeitswelt. Immer mehr Menschen werden in diesen Wirtschaftssektoren gebraucht werden.
Alter Hut
Seit gut drei Jahrzehnten flammt die Diskussion über eine Verkürzung der Arbeitszeit immer wieder auf. In der ORF Sendung "Club 2" vom 22. Juni 1982 diskutierte eine prominent besetzte Runde über das Thema "Arbeitszeitverkürzung als Ausweg aus der Rezession". Der Wirtschaftspublizist Franz Günter Hanke präsentierte dort die Idee seines Buches "Endsieg des Kapitalismus - weniger arbeiten, besser leben." Wenn die Arbeit auf alle gerecht verteilt würde, wären die wirtschaftlichen Probleme aus der Welt geschafft.
EU-weit weniger Arbeiten?
Der Politikwissenschaftler und Universitätsprofessor für Internationale Politik an der Universität Wien, Ulrich Brand, sagte am 4. Juni 2009 in einem Interview: "Wenn jetzt die EU sagen würde, wir machen in der Krise eine drastische Arbeitszeitverkürzung - mit einem Kompromiss beim Lohnausgleich -, das wäre eine europäische Erfahrung."
Ulrich Schuh meint, dass Kurzarbeit ein geeignetes Mittel ist, um kurzfristige Engpässe zu überbrücken. Grundsätzlich aber sollte die Arbeitszeit nicht für alle verringert werden. Die freie Wahl bei den Arbeitsstunden sei wichtig. Jörg Flecker ist hingegen der Meinung, dass die generelle Verkürzung der Arbeitszeit vorangetrieben werden sollte, auf nationaler, wie auch auf Ebene der Europäischen Union. Denn in den europäischen Staaten sollte ein möglichst fairer Wettbewerb auf Basis von Leistung und nicht auf Basis von Lohndumping stattfinden.
Hör-Tipp
Saldo, Freitag, 10. Juli 2009, 9:45 Uhr
Buch-Tipps
Wolfgang Mayrhofer, Michael Meyer, Johannes Steyrer, "Macht? Erfolg? Reich? Glücklich? Einflussfaktoren auf Karrieren", Linde (2005)
Steffen Lehndorff, "Das Politische in der Arbeitspolitik", Edition Sigma (2006)
Links
Institut für Höhere Studien
Forba
OECD - The Job Study. Facts, Analysis, Strategies
OECD - Employment Outlook