Der erholsame Schlaf

Wozu schlafen wir?

Die Wissenschaft ist den Schlafphasen auf den Grund gegangen, hat Hirnstrukturen und Hirnfunktionen erforscht und Träume gedeutet. Aber die Frage "Warum wir schlafen?" blieb bis heute unbeantwortet. Hypothesen gibt es aber viele.

Schlaf ist erholsam. Das weiß jeder, der nach einigen kurzen Nächten endlich wieder ausschlafen kann. Ausgeruht und entspannt kann man voll Konzentration wieder ans Tagewerk gehen. Irene Tobler vom Zentrum für Neurowissenschaften in Zürich hat dazu einen Versuch mit Ratten gemacht.

Diese Nagetiere erkunden ihre Umwelt unter anderem mit ihren langen Tasthaaren an der Schnauze. Im Versuch wurden ihnen die Tasthaare auf einer Körperseite abgeschnitten. Danach durften sie einen Käfig erkunden, wobei natürlich die Information nur von der Körperseite ins Gehirn eingehen konnte, an der die Tasthaare nicht geschnitten waren.

Nach sechs Stunden Exploration schliefen die Ratten. Dabei zeigten sich tatsächlich mehr langsame Delta-Wellen in der Gehirnhälfte, in die die Informationen der verbliebenen Tasthaare eingelaufen waren. In der anderen Gehirnhälfte war der Schlaf weniger tief. Schlaf bringt somit jenen Gehirnregionen besonders viel Erholung, die untertags besonders beansprucht waren.

Schlaf verfestigt Erlerntes

Der Lübecker Neuroendokrinologe Jan Born ist überzeugt, dass Schlaf dem Lernen und Erinnern dient. Informationen, die bei Tag aufgenommen werden und zu einem anderen Zeitpunkt wieder aktiv abgerufen werden können, werden im Schlaf verfestigt, vom Kurzzeit- ins Langzeitgedächtnis überführt.

Die Hirnforschung beweist das dadurch, dass man Ratten durch ein Labyrinth gehen lässt und bei der Exploration misst welche Gehirnareale aktiv sind. Im anschließenden Schlaf sind genau dieselben Hirnregionen aktiv, wie beim Lernen im Wachzustand. Die neu aufgenommene Information wird wiederholt, gefestigt und in eine neue Hirnregion kopiert.

Lernen im Tiefschlaf oder REM-Schlaf?

Dabei ist es ein Unterschied, was gelernt wird. Wenn wir Vokabel lernen, wissenschaftliche Inhalte lesen oder im Urlaub Beobachtungen machen, so sind dies Fakten, die bewusst gelernt und später angewendet werden. Man spricht vom deklarativen Gedächtnis.

Auf der anderen Seite kann man körperliche Fertigkeiten wie Klavierspielen, Skifahren oder Turnen erlernen, sie üben und perfektionieren. Dieses Lernen heißt prozedurales Lernen. Fakten und Inhalte werden im Tiefschlaf gefestigt, gelernte Fertigkeiten jedoch im REM-Schlaf. Menschen mit Schlafstörungen, die kaum in die Tiefschlafphase kommen, haben somit besonders Schwierigkeiten, sich Fakten, Geschichten und Episoden zu merken.

Schlaf und Gesundheit

Schlafentzug beeinflusst Immunsystem und Stoffwechsel. In einem Versuch wurden Ratten 24 Stunden am schlafen gehindert. Danach waren ihre weißen Blutkörperchen, die der Abwehr von Krankheitserregern dienen, um zwanzig Prozent reduziert.

Es scheint auch so zu sein, dass Wachstumshormone im Schlaf besonders aktiv sind. Außerdem wird bei einem unausgeschlafenen Menschen der Stoffwechsel in die Höhe geschraubt. Auch der Blutzuckerspiegel steigt an, auf Werte, die an Patienten kurz vor der Diagnose Zuckerkrankheit erinnern.

Nach einer langen Nacht mit wenig Schlaf haben viele Menschen Lust auf Nahrung mit vielen Kalorien. Sie stopfen Salamibrot oder Backhendl mit Pommes Frites in sich hinein. Der Grund für diesen Heißhunger auf Kalorienbomben ist, dass durch Schlafmangel jene Hormone aus dem Gleichgewicht kommen, die Appetit und Nahrungsaufnahme regulieren. Deshalb gibt es in den Vereinigten Staaten Kampagnen für ausreichend Nachtschlaf - denn Übergewicht und Schlafdauer hängen zusammen.

Weitere Hypothesen

Eine andere Hypothese besagt, dass der Schlaf der Herstellung des ökologischen Gleichgewichts dient. Damit ist gemeint, dass Raubkatzen viele Stunden schlafen, um eine Überweidung ihres Jagdgebietes zu vermeiden.

Im Schlaf wird der Stoffwechsel gedrosselt, der Hunger wird hinaus gezögert und keine Beute gefangen. Eine weitere Hypothese will wissen, dass einzelne Körpersysteme aus dem Rhythmus fallen und der Schlaf nötig ist um die Systeme wieder in Takt und Einheit zu bringen.

Fazit

Viele Hypothesen klingen weit hergeholt, andere wieder sehr plausibel. Bis heute gibt es keine gesicherte Antwort, wozu wir schlafen. Eines ist aber sicher: Wir müssen schlafen. Die Antwort auf das Warum wird noch auf sich warten lassen. Vielleicht kommt sie einem Wissenschaftler im Traum.

Hör-Tipp
Salzburger Nachtstudio, MIttwoch, 16. September 2009, 21:01 Uhr