Medizinischer Fortschritt und Subdisziplinen
Kinder- und Jugendheilkunde
Dank medizinischer Fortschritte und der umfassenden Spezialisierungen und Subdisziplinen in der Pädiatrie überleben immer mehr Kinder mit schweren angeborenen oder erworbenen Erkrankungen. Wer betreut diese Kinder, wenn sie erwachsen werden?
8. April 2017, 21:58
Auf Grund der gestiegen Überlebenschancen von Kindern mit schweren angeborenen oder erworbenen Erkrankungen, ist eine wesentliche Aufgabe des Facharztes für Kinder- und Jungendheilkunde, diese jungen Erwachsenen zur weiteren Behandlung an Fachkollegen zu übergeben.
Parallel dazu steigt jedoch die Zahl der verwahrlosten, missbrauchten bzw. psychosomatisch erkrankten Kinder. Aber auch in der Prävention, Stichwort Übergewicht, hat die Kinder- und Jugendheilkunde immer wichtigere Aufgaben. Es scheint so als ob das Aufgabengebiet der Kinder- und Jugendheilkunde immer größer und spezialisierter wird.
Die Pädiatrie
Der Begriff Pädiatrie stammt aus dem Altgriechischen und bedeutet so viel wie "die kinderärztliche Kunst" und bezeichnet die Lehre von der Entwicklung des kindlichen und jugendlichen Organismus, seiner Erkrankungen und deren Behandlung. Der Begriff Pädiatrie ist im offiziellen Sprachgebrauch abgelöst worden durch die Bezeichnung Kinder- und Jugendmedizin. Sie erstreckt sich über alle Teilgebiete der klinischen Medizin und umfasst die Erkennung und Behandlung aller körperlichen und seelischen Erkrankungen und deren Prävention.
Weitere Aufgabengebiete sind Schutzimpfungen, pädiatrische Intensivmedizin und Rehabilitation und Fürsorge im Kindes- und Jugendalter. Laut der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde gibt es folgenden Subfächer so genannte Additivfächer in der Kinder- und Jungendheilkunde: Neonatologie und Pädiatrische Intensivmedizin, Neuropädiatrie, Pädiatrische Endokrinologie und Diabetologie, Pädiatrische Hämatologie und Onkologie, Pädiatrische Kardiologie und die Pädiatrische Pulmonologie.
Beispiel Prävention
Die Kinder- und Jugendheilkunde kann durch Prävention die Grundlage für mehr Lebensqualität im Kindes- aber auch Erwachsenenalter schaffen. So werden zum Beispiel die Anlagen für die Entstehung von Fettleibigkeit zum Teil schon im Mutterleib festgelegt. Zu starke Gewichtszunahme in den ersten Lebensjahren ist ein weiterer Risikofaktor. Daher wird es zu einer immer wichtigeren Aufgabe der Kinderärzte Vorsorgeprogramme zu initiieren.
"Es gibt viele “lokale“ Aktivitäten, die letztlich nicht Ziel führend sind, weil sie nur einer kleinen Gruppe von Patienten (oft auch nur kurzfristig) helfen. Es muss uns daher gelingen, Politik und Hauptverband zu überzeugen, dass ein Hauptaugenmerk darauf gelegt werden muss, die vielen Folgeerkrankungen von Übergewicht zu verhindern. Machen wir nichts, werden die Kosten der Krankenkassen weiter explodieren, da die Zahl der übergewichtigen Kinder ständig zunimmt", meint unser Sendungsgast Prim. Univ.-Prof. Dr. Klaus Schmitt, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde.
Zahl psychosomatisch erkrankter Kinder steigt
Derzeit wird davon ausgegangen, dass eines von zehn Kindern in der westlichen Welt “verwahrlost“ ist. Fünf bis zehn Prozent der Mädchen und bis zu fünf Prozent der Buben werden sexuell missbraucht und vier bis sechzehn Prozent der Kinder körperlich misshandelt. Die Dunkelziffern sind wahrscheinlich um einiges höher. Die Folgen dieser Misshandlungen sind unter anderem psychosomatische Erkrankungen, Übergewicht, Essprobleme, Beeinträchtigung der mentalen Entwicklung, Alkohol- und Drogenprobleme und erhöhte Todes- und Selbstmordraten.
Diese drastischen Langzeitfolgen zeigen auf, dass vor allem präventive und therapeutische Strategien und Maßnahmen ab der frühen Kindheit unabdingbar sind. Allerdings gibt es für viele betroffene Kinder und Jugendliche keine ambulanten Ressourcen. Psychotherapeuten in der freien Praxis haben meist keine Kassenverträge. Daher können sich viele die Behandlungen nicht leisten.
Ein medizinisches Fach stößt an seine Grenzen
Die Kinder- und Jugendheilkunde behandelt Menschen im Alter zwischen 0 und 18 Jahren. Wenn aus den chronisch kranken Kindern Erwachsene werden und sie diesen Altersbereich verlassen entsteht bei den Betroffen oft Orientierungslosigkeit und Unsicherheit, da sie nicht genau wissen: Wer kümmert sich jetzt um mich?
Univ. Prof. Dr. Bernhard Resch, von der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde der Medizinischen Universität Graz, nennt das Beispiel Zystische Fibrose, "Da bleiben viele Patienten auch als Erwachsene zur Behandlung in unserem Haus. Auf der einen Seite bleiben die Patienten also auch als Erwachsene bei uns, womit wir von den Kapazitäten her nur schwer zurechtkommen, auf der anderen Seite fehlt es in anderen Fächern an Kompetenz für diese Patienten. Diese Situation zu verbessern, das ist die große Herausforderung für die Zukunft".
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Hör-Tipp
Radiodoktor - Medizin und Gesundheit, Montag, 28. September 2009, 14:20 Uhr