Wenig Hilfe für pflegende Angehörige

Zwischen Bett und Beruf

In Österreich pflegen 400.000 Menschen einen nahen Angehörigen. Ohne sie könnte der Staat die Pflege nicht bewerkstelligen. Diese Aufgabe ist körperlich und psychisch sehr belastend und kann zu finanziellen Problemen führen. Unterstützung gibt es kaum.

"Wir waren überraschend glücklich", sagt die 81-jährige Margarete Acs und strahlt. "Besonders ich", fügt sie hinzu. Sie hat gemeinsam mit ihrem Mann zwei Wochen Urlaub im idyllischen Helenental verbracht. Sonst sind sie immer zuhause, "zu zweit allein" zuhause, seit fast einem Jahrzehnt, denn der Gatte von Frau Acs ist schwer pflegebedürftig und wird von ihr gepflegt und betreut.

Hier im Franz-Schulz-Erholungshaus bei Baden hat Frau Acs Abstand von den eigenen vier Wänden bekommen. Es hat einfach alles gepasst: das Haus, das vom Kriegsopfer- und Behindertenverband betrieben wird, ist barrierefrei gestaltet, liegt mitten im Grünen, und - das Wichtigste: Hier trifft man auch andere pflegende Angehörige, mit denen man reden kann und die wissen, wovon man spricht.

Besonders wichtig für die 81-Jährige war Schwester Bea. Die Krankenschwester im Haus gibt im Rahmen von Gesprächsrunden nicht nur pflegerische Tipps, sie bringt den Frauen vor allem eines bei: auf sich selbst zu schauen.

Die "heimlichen Patienten"

Laut Studien fühlen sich 70 Prozent der pflegenden Angehörigen sehr belastet. Je nach Ausmaß der Pflegebedürftigkeit kann Pflege Schwerarbeit sein. Das Heben und Umlagern der Patienten ist für die meist selbst schon älteren Frauen körperlich äußerst belastend, die oftmalige Isoliertheit in der Pflegebeziehung, das dauernde Geben und die Aussichtslosigkeit der Situation setzen der Psyche zu. Pflegende Angehörige gelten als "die heimlichen Patienten".

"Ohne die Angehörigen wäre die Pflege nicht leistbar und auch nicht zu bewerkstelligen", weiß der Sozialminister auf seiner Website und deshalb "gebühre ihnen Wertschätzung".

Konkrete Maßnahmen in letzter Zeit haben die Lage pflegender Angehöriger etwas erleichtert: Das Pflegegeld wurde erhöht, im Falle eines Berufsausstiegs gibt es eine kostenlose Pensions- und Krankenversicherung, und die Ersatzpflege bei kurzer Abwesenheit der Hauptpflegeperson wird besser gefördert.

Meist sind es Frauen

Heute sind viele Frauen, die pflegen, bereits selbst im Ruhestand oder waren nie erwerbstätig, sondern immer für die Familie da. Diese Generation an Frauen stirbt aus. In Zukunft werden die Frauen, wenn ihre Eltern pflegebedürftig werden, noch mitten im Berufsleben stehen: erstens weil sich die Erwerbsbeteiligung der Frauen generell erhöht und zweitens, weil sie ihre Kinder später bekommen, das heißt, der Altersabstand wird größer.

Es tut sich ein neues Problem auf: die Vereinbarkeit zwischen Beruf und Pflege. Während es sich in den letzten Jahren herumgesprochen hat, dass es gut ist, Frauen (und Männer) bei der Vereinbarkeit von Kindern und Beruf zu unterstützen, rechtliche Regelungen getroffen wurden und "Familienfreundlichkeit" sogar zu einem Qualitätskriterium für Betriebe geworden ist, stehen Frauen, die ihre alten Eltern zu betreuen haben, noch ziemlich alleine da. Oft wissen die Vorgesetzten nicht einmal, wer von ihren Mitarbeiterinnen betroffen ist.

Es gibt Ähnlichkeiten mit der Vereinbarkeitsproblematik bei kleinen Kindern, doch auch bedeutende Unterschiede. Die Betreuung älterer, pflegebedürftiger Menschen ist aufwändiger: viele, vor allem demente Menschen, brauchen dauernde Beaufsichtigung. Sie ist psychisch belastender, weil von der Selbständigkeit bis zur Gesundheit alles tendenziell schlechter statt besser wird.

Ältere Menschen wollen mehr mitbestimmen als Kinder, wann, wie und von wem sie betreut werden. Und last not least ist es gesellschaftlich weniger akzeptiert und finanziert, dass ältere Menschen tagsüber außerfamiliär betreut werden.