Musik für Milliarden

Klänge vom indischen Subkontinent

Indische Musik ist Musik für Milliarden, denn jeder fünfte Mensch lebt auf dem indischen Subkontinent und hört indische Musik. Mit internationalen Filmerfolgen hat auch die Musik Bollywoods einen weltweiten Siegeszug angetreten.

Jeder fünfte Mensch lebt auf dem indischen Subkontinent und hört indische Musik. Indische Musik ist Musik für Milliarden, denn auch in Pakistan, Bangladesch, Nepal, Afghanistan, in den Golfstaaten, in der ehemaligen Sowjetunion und Lateinamerika ist sie überaus beliebt.

"Jai Ho" aus dem Soundtrack zu "Slumdog Millionaire" wurde nicht nur mit dem Oscar für den besten Filmsong ausgezeichnet, sondern erreichte auch in vielen Ländern in den Singlecharts die Nummer eins. Unter anderem in Australien, der Türkei und Finnland. In Österreich kam dieses Lied immerhin auf Platz 18.

Politik mit Filmmusik

In Indien - der größten Demokratie der Welt - fanden im Mai diesen Jahres Parlamentswahlen statt. Normalerweise wählen die indischen Wähler immer ihre Regierung ab, diesmal wurde die regierende Kongress-Partei wieder an die Macht gewählt.

Ob es damit zu tun hat, dass die Kongress-Partei für 200.000 US-Dollar die Rechte an "Jai Ho" gekauft und mit einem neuen Text zu ihrem Wahlsong gemacht hat? Jedenfalls zeigt es, welche bedeutende Rolle die Filmmusik in der indischen Öffentlichkeit spielt. Die Hitparaden bestehen fast ausschließlich aus Filmsongs.

Mozart aus Madras

A.R. Rahman hat die Musik zu "Slumdog Millionaire" komponiert und damit sowohl den Oscar für die beste Filmmusik auch als für den besten Filmsong gewonnen. Der 1966 in Madras, das heute Chennai genannt wird, geborene Sänger, Musiker und Komponist dominiert seit 1992 die Filmmusik-Szene Indiens.

Er wurde in eine Hindu-Familie geboren, fühlte sich aber so stark zum Islam, besonders zum Sufismus, hingezogen, dass er im Alter von 20 Jahren zum Islam konvertierte. Neben indischer Musik studierte er auch klassische westliche Musik am Trinity College in London. Der "Mozart aus Madras" wie ihn das "Time Magazine" nannte, hat für mehr als 100 Filme komponiert und davon weit mehr als 150 Millionen Tonträger, in Indien immer noch oft Kassetten, verkauft.

East meets West

Das Aufeinandertreffen von westlicher und östlicher Musik, wie es für die Musik von A.R. Rahman charakteristisch ist, hat eine lange Geschichte. Die erste Berührung der Popmusik mit Indien fand Mitte der 1960er Jahre statt. In "Norwegian Wood" von George Harrison war 1965 erstmals ein Sitar in einer Rockband zu hören. George Harrison verband eine jahrzehntelange Freundschaft mit dem indischen Sitarvirtuosen Ravi Shankar. Ravi Shankar hat wie kein anderer indische Musik im Westen bekannt gemacht und ihr Millionen von Anhängern gebracht.

Beim Konzert für Bangladesch, das George Harrison im August 1971 in New York organisierte, kam es zu einer amüsanten Szene, die zeigt, wie neu indische Musik damals noch war. Die 40.000 Menschen im Publikum applaudierten begeistert nach dem (ziemlich ausgiebigen) Stimmen der Instrumente, worauf Ravi Shankar sagte: "Wenn ihr schon vom Stimmen begeistert seid, hoffe ich, dass euch das Spielen auch gefällt!"

Der König des Qawwali

Ein musikalischer Brückenbauer besonderer Art war Nusrat Fateh Ali Khan. Er wurde 1948 im pakistanischen Faisalabad geboren und starb viel zu früh 1997 in London. Qawwali-Musik, die Musik der pakistanischen und indischen Sufis, war im Westen vorher praktisch unbekannt. In Indien und Pakistan hingegen kann man sie an vielen Schreinen hören.

Jede Donnerstagnacht singen beispielsweise die Qawwali-Sänger am Schrein von Nizzamuddin in Delhi. Nusrat Fateh Ali Khan musizierte mit vielen westlichen Musikern, wie zum Beispiel mit Michael Brook oder Peter Gabriel. Sein unverwechselbarer ekstatischer Gesang ist auch auf den Soundtracks zu "Dead Man Walking" und "Die letzte Versuchung Christi" zu hören.

Indische Musik in Österreich

Auch in Österreich gibt es (neben den vielen Bollywood-Tanzgruppen) eine kleine Szene von Menschen, die indische Musik machen. Zu den Säulen zählen etwa der Tabla-Spieler Jatinder Thakur, der Sitar-Spieler Daniel Bradely und die Vina-Spielerin Sita Subramanian. Aber auch Österreicher begeistern sich für die indischen Rhythmen und Ragas. Das Natya Mandir Ensemble vereint Musiker wie Georg Graf und Tommy Nawratil; und in Tirol ist zum Beispiel Klaus Falschlunger auf dem Sitar zu hören.

Hör-Tipp
Spielräume - Nachtausgabe, Freitag, 2. Oktober 2009, 22:30 Uhr

Links
A.R. Rahman
Tommy Nawratil
Klaus Falschlunger
YouTube - "Jai ho" als Wahlkampfsong der Kongresspartei
YouTube - Concert for Bangladesh
YouTube - George Harrison lernt von Ravi Shankar Sitarspielen