Die Verteilung des Hungers auf der Welt

Mangel, Hunger, Überfluss

Weder die Versprechungen des Marktes noch der Technik haben sich erfüllt. Weltweit hungern über 850 Millionen Menschen. Täglich verhungern rund 46.500 Menschen, drei Viertel davon sind Kinder unter fünf Jahren. Das muss nicht so bleiben.

Weltweit sind heute mehr als eine Milliarde Menschen vom Hunger betroffen, das ist fast jeder sechste Erdbewohner. Die meisten Hungernden leben in den Ländern des globalen Südens, doch auch in den Industrienationen leiden 15 Millionen Menschen Hunger. Alle diese Menschen könnte man problemlos mit den Lebensmitteln ernähren, die weltweit tagtäglich von Privathaushalten, Supermärkten und der Industrie weggeworfen werden.

Hunger ist in erster Linie eine Folge von Armut und Ungleichheit. "Hunger tritt in der Regel nicht auf, weil es zu wenig Nahrungsmittel geben würde. Es gibt genug, aber die Armen können sich die Lebensmittel, die es am Markt gibt, nicht leisten", sagt Olivier De Schutter, UN-Sonderbeauftragter für das Recht auf Ernährung.

Ein Großteil jener mehr als eine Milliarde Menschen, die heute weltweit Hunger leiden, sind als Kleinbauern oder als Tagelöhner in der Landwirtschaft tätig.

Armut, Hunger und Globalisierung

Viele Maßnahmen zur Bekämpfung von Armut und Hunger, wie etwa Landreformen und Umverteilungen oder die Sicherung von Mindestlöhnen und menschenwürdigen Arbeitsbedingungen, fallen in die Kompetenz einzelner Staaten und deren Regierungen. Doch in Zeiten der Globalisierung ist das Schicksal vieler Hungernder in den Ländern des Südens auch eng mit den internationalen Wirtschaftsbedingungen verknüpft.

Die globalen Zusammenhänge wurden zuletzt besonders in der Landwirtschaft in den Debatten über Biotreibstoffe thematisiert. "Um Biosprit zu erzeugen, zerstört das Agrobusiness unsere Umwelt. Großgrundbesitzer vertreiben ganze Dörfer für die Errichtung von Plantagen. Der Mais, der dort angebaut wird, ist ausschließlich für den Export bestimmt": Marivanea de Jesus lehnt im Namen der brasilianischen Landlosenbewegung die Produktion von Biosprit für die Industrieländer ab.

Reiche beuten die Armen aus

Viel älter als der Anbau von Getreide und Zuckerrohr für die Erzeugung von Biosprit ist in Brasilien die Produktion von Mais und Soja, die als Futtermittel für die Masttierzucht im Westen benötigt werden. "Die reichen Länder des Nordens betreiben Neokolonialismus im großen Stil: Sie beuten die Staaten der Südens aus", formuliert es Thomas Mohrs von der Universität Passau.

Mit dem Thema "Ernährung: Hunger, Mangel, Überfluss" beschäftigen sich heute nicht nur Ökonomen, Soziologen, Politikwissenschaftler und Entwicklungsexperten, sondern auch Philosophen wie Thomas Mohrs, der sich selbst als Ernährungsethiker bezeichnet.

Eine nachhaltige Wirtschaft und Landwirtschaft sowie die Beseitigung des Hungers in der Welt ist für den Philosophen und Theologen Franz-Theo Gottwald eine Frage, die weit über die Ökonomie hinaus geht. Eine nachhaltige, das heißt für Mensch und Umwelt langfristig positive Entwicklung ist eine Frage des Menschenbildes und der fundamentalen Werte, die eine Gesellschaft vertritt und dann in ihrer Politik verfolgt.

Wie der Hunger aus der Welt verschwinden soll

Das Recht auf Nahrung ist ein fundamentales Menschenrecht. Es lässt sich aber ebenso aus der christlichen Ethik sowie der Ethik vieler anderer Religionen ableiten.

Kommende Woche, vom 16. bis 18. November 2009, wird der Weltgipfel für Ernährungssicherheit stattfinden. Organisiert wird er von der in Rom ansässigen UN-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft (FAO).

Bei dem Gipfel soll eine Erklärung verabschiedet werden, der zufolge sich die Regierungen dazu verpflichten, innerhalb der kommenden 15 Jahre den Hunger aus der Welt zu verbannen.

Mehr dazu in oe1.ORF.at

Hör-Tipp
Salzburger Nachtstudio, Mittwoch, 11. November 2009, 21:01 Uhr

Buch-Tipps
Jean Ziegler, Hainer Kober, "Der Hass auf den Westen", C. Bertelsmann Verlag

Jean Ziegler, Dieter Hornig, "Das Imperium der Schande", Goldmann Verlag

Links
Schweisfurth-Stiftung
Food and Agriculture Organization of the United Nations