Die halbe Welt lebt vom Reis
Der gerechte Preis
Indien ist der zweitgrößte Reis-Erzeuger der Welt. Einige indische Reisbauern verzichten auf Kinderarbeit und chemische Spritzmittel und bekommen dafür das Fair Trade-Gütesiegel. Das garantiert ihnen höhere Preise. Aber die Krise macht alles schwieriger.
8. April 2017, 21:58
Wie funktioniert fairer Handel?
Reis ist das Grundnahrungsmittel für drei Milliarden Menschen. Chinesen, Inder oder Vietnamesen essen gut und gern 100 Kilo Reis pro Jahr. In Österreich sind es vergleichsweise bescheidene vier Kilo pro Person. Vom Reisanbau leben in Asien Millionen Kleinbauern-Familien. Nach China ist Indien der zweitgrößte Reis-Erzeuger der Welt.
Angebaut und geerntet wird Reis weitgehend von Hand, ohne Maschinen, wie schon seit Jahrhunderten. Sehr wohl geändert hat sich der weltweite Handel mit dem Reis. Der Weltmarktpreis wird an Rohstoff-Börsen festgelegt. Missernten, höhere Nachfrage und Spekulation haben dazu geführt, dass die Preise im Vorjahr explodiert sind. Davon kommt aber nur ein kleiner Teil bei den Bauern und Bäuerinnen an.
Gerechter Preis durch fairen Handel
Eine kleine Gruppe von Reisbauern und -bäuerinnen in Indien hofft jetzt auf gerechtere Preise durch den fairen Handel. Sie verzichten auf chemische Spritzmittel und Kinderarbeit und bekommen dafür das Fair Trade-Gütesiegel. Das garantiert ihnen höhere Preise. Aber sie spüren die Wirtschaftskrise, weil der Absatz von Bio- und Fair Trade-Reis erstmals seit Jahren stagniert.
Auf den Feldern dieser Bauern und Bäuerinnen wächst Basmatireis - er ist der Exportschlager Indiens - auch wenn er nur einen kleinen Teil der gesamten Ernte ausmacht. Indien erntet jährlich 100 Millionen Tonnen Reis - das ist ein Viertel der Weltproduktion. 95 Prozent davon werden im Land verbraucht. Exportiert werden darf nur Basmatireis. Für alle anderen Reissorten gilt seit zwei Jahren ein Ausfuhrverbot. So will die indische Regierung die Versorgung der eigenen Bevölkerung sichern. Denn in fast jedem indischen Haushalt ist Reis die Hauptmahlzeit.
Regulierter Reismarkt in Indien
Die indische Regierung kauft einen großen Teil der Ernte auf und verteilt billigen Reis an die arme Bevölkerung. Dank dieser Subventionen sind Indien Hungerrevolten erspart geblieben, wie es sie in Afrika oder auf Haiti aufgrund der Teuerung im Vorjahr gegeben hat. Aber auch der stark regulierte indische Reismarkt hat seine Tücken - zum Nachteil der einfachen Bauern und Bäuerinnen.
Der 38jährige Vijendra Singh ist kein Mitglied der Fair Trade-Genossenschaft. Er lebt mit seiner Familie in einem Dorf in der fruchtbaren Ganges-Ebene. Singh muss trotz der harten Arbeit in den Reisfeldern immer wieder fürchten, mit leeren Händen da zustehen. "Ich verkaufe meinen Reis an lokale Händler, die nicht pünktlich zahlen oder mich beim Abwiegen betrügen wollen. Und wenn kein Händler Interesse hat, muss ich mit meinem Reis wieder unverrichteter Dinge vom Markt nach Hause fahren." Daher will Singh jetzt unbedingt der Bauerngenossenschaft beitreten.
Fair Trade als Chance
Vijendras Nachbar ist schon Mitglied der Kooperative, die ihren Reis an einen großen indischen Exporteur verkauft. Diese Firma, Sunstar, arbeitet mit Fair Trade zusammen. Mahendra Singh war einer der Fair Trade Pioniere in seinem Dorf und erklärt die Vorteile: "Sunstar holt den Reis direkt bei uns ab, wir müssen nicht mehr zum Markt fahren. Wir bekommen das beste Saatgut und Schulungen über neue Anbau- und Erntemethoden. Und Fair Trade nimmt eine fixe Menge ab und bezahlt einen besseren Preis."
Mahendra Singh bekommt für 100 Kilo Basmatireis 45 Euro - um zehn Euro mehr als sein Nachbar. Sunstar macht einen jährlichen Umsatz von 170 Millionen Dollar. Acht Prozent davon macht der biologische Fairtrade Reis aus. Doch durch die Wirtschaftskrise stagniert derzeit der Absatz.
Konsumenten sparen
Derzeit sind viele Konsumenten und Konsumentinnen in Europa und den USA nicht bereit, mehr für fair gehandelte und/oder biologische Lebensmittel auszugeben und greifen zur billigeren konventionellen Ware. Der Fair Trade Reis der indischen Bauern wird nach Deutschland, England, Frankreich, in die Schweiz und die USA exportiert.
Nach Österreich noch nicht - es werden erste Kontakte zum Handel geknüpft. In den heimischen Supermarktregalen steht aber Fair Trade Reis aus anderen Regionen. Ein Kilo kostet sieben Euro, um ein bis zwei Euro mehr als normaler Basmatireis. Insgesamt ist der Fair Trade Anteil am gesamten Reiskonsum aber mit 0,3 Prozent verschwindend gering - zum Vergleich: Fair Trade Bananen haben schon 20 Prozent Marktanteil.