… nach Plan überlebt

Weihnachten endlich vorbei!

Ich hoffe, dass auch Sie die vergangenen drei aufeinander folgenden Feiertage friedlich verbracht haben. Mir ging es gut, danke der Nachfrage! Mir half beim Überleben ein Küchenplan, ein Besuchsplan, ein Arbeits- und Freizeitplan und ein Notfallplan!

O ja, man braucht einen Überlebensplan, um drei aufeinander folgende Feiertage in Würde und in fröhlicher Stimmung zu überstehen! Denn der Probleme, die das freundliche Feiertagsdasein durcheinander bringen könnten, sind viele. So da wären - und ich erwähne nur die ganz allgemein bekannten - "Frische Croissants zum Frühstück". Oder "The Läck of Späck". Ersteres wäre halbwegs mit Hilfe von sogenannten TK-Croissants relativ einfach zu lösen, wobei die tiefgekühlten aber nicht annähernd so gut sind wie wirkliche echte vom Bäcker! Da aber "Frische Croissants zum Frühstück" bei uns zuhause zum Standardfeiertagsprogramm gehören, werden sie einfach selber gemacht! Klar kann ich das, ist ja kinderleicht! Muss nur auf dem Plan stehen!

Wohingegen "The Läck of Späck" schon ein wenig schwieriger ist. Folgendes Szenario: man steht vor dem heimischen Kühlschrank, sucht "Späck" oder was auch immer, kann auch Orangensaft sein oder die obligatorische Frühstückstomate, und selbiges ist nicht mehr da. Man durchforstet Vorräte und Gedächtnis, zweifelt an Verstand und Einkaufsliste, bis der jeweilige Mitbewohner hilfreich eingreift: "Was suchst Du? Den Speck? Ach, der war fürs heutige Frühstück? Entschuldige Schatz, ich hatte heute Nacht so einen Heißhunger …"

Die folgenden fünf Minuten sind je nach Charakter unterschiedlich: Kurzzeit-Schreikrampf, spontanes Erleichterungs-Schluchzen, müdes Achselzucken, begleitet von einem "Na, dann gibt’s halt keinen Speck zu den Eiern!" oder dem Seufzer "Bin ich froh, ich bin noch nicht blöde!" All das ist vermeidbar. Die Lösung: alle Zutaten, die planmäßig nicht zum freien Räubern vorgesehen sind, an einem sicheren Ort verstecken. Einem Zweitkühlschrank zum Beispiel.

Aber das bei weitem Schlimmste, das einem an drei aufeinander folgenden Feiertagen passieren kann, sind die Spontan-Überfälle, nach dem Motto: "Mausi, mir ist so fad. Wollen wir nicht die XY besuchen?" Dagegen habe ich mich heuer sehr erfolgreich gewehrt. Ich habe nämlich verlauten lassen, dass ich nicht da bin. Dass ich meinen Schatz mitsamt seinem Rollstuhl nach Nordwestfinnland verfrachte und dort ein Eingeschneiten-Fest verbringen würde. Man grinste. Man glaubte mir nicht. Ich grinste auch. Und dachte bei mir: "Ihr werdet schon sehen!"

Was soll ich sagen, es hat funktioniert. Drei Tage lang waren wir wie vom Erdboden verschluckt. Was nicht hieß, dass wir nach Nordwestfinnland gefahren wären. Wir haben unser Zuhause einfach Nordwestfinnland getauft. Und uns das Wetter schlicht schlecht und unwirtlich vorgestellt. Ferner haben wir den Fernseher im Off-Modus stehen lassen - wer möchte schon gerne nordwestfinnisches TV ohne Untertitel anschauen? - das Auto für eingeschneit erklärt und die Türglocke ausgehängt.

Was soll ich Ihnen sagen: es ist gelungen! Wir hatten Zeit für uns, für die kleinen oder größeren improvisierten Picknicks vor dem wärmenden Kaminfeuer, auf dem weichen Teppich, den wir "Bärenfell" genannt haben, für die wunderbare Musik, die wir in Form von Konserven regalweise bei uns lagern, für die wunderbaren Bücher, aus denen wir uns gegenseitig vorgelesen haben - es war hervorragend!

Tun Sie das auch manchmal, sich gegenseitig vorlesen? Es ist eine echte Wonne. Dabei ist es nicht mal wichtig, ob das, was man sich vorliest, lustig ist. Die Kindheitsgeschichten von Friedrich Glauser zum Beispiel sind überhaupt nicht lustig, eher ganz im Gegenteil: ein armer Bub aus guter Familie, der mutterlos, aber dafür mit bösartigen Kinderfrauen aufwuchs, verleumdet wurde und vom Vater verstoßen. Als ich geweint habe, meinte mein Schatz, er wüsste ein Gegengift und las aus den Rauchzeichen von Guillermo Cabrera Infante - ein wichtiges Buch, gerade in Zeiten der Nichtraucher-Tyrannei! - die Kolumbus-Passagen. Wussten Sie, dass Kolumbus genau drei Möglichkeiten, ein reicher Mann zu werden, nicht beachtet hatte? Die Verwertung des Tabak, die Bearbeitung des Mais, die Vermarktung der Bananen, drei goldgelbe Produkte, aber halt kein wirkliches Gold! Wussten Sie, dass man in den Tabakfabriken Vorleser angestellt hatte – übrigens auch in Hamburg, bis weit ins vorige Jahrhundert hinein. Und die lasen nicht etwa Mist, sondern Don Quijote oder ähnliches!

Und dann kamen die kurzen "Vorleserle's": Autofahrer-Geschichten. Was man erlebt, weil es Bordelektrik, Navigationsgeräte und Stau-Betreuer gibt. Und was "Wandelnde Zebrastreifen" sind - Vorsicht vor allem in der Nähe von Zisterzienserklöstern. Weil der Habit der Zisterziensermönche weiß ist und ein schwarzes Wie-Immer-Das-Auch-Heißt dazu gehört, das man darüber trägt - besondere Anekdoten aus dem Klosterleben, aufgezeichnet vom Heiligenkreuzer Abt höchstpersönlich.

Das Beste an den drei Tagen waren aber unsere wunderbaren Freunde! Quer durch den Schneesturm, über die gefährlichen eisigen Straßen-Schneefährten sind sie ohne Furcht vor hungrigen Wölfen bis zu unserer kleinen nordwestfinnischen Zuflucht vorgedrungen. Haben in das winzige Fenster unseres Iglus kleine Löcher gehaucht. Hatten frische Croissants mitgebracht - und gute Laune! Ja, es waren schöne drei aufeinander folgenden Feiertage.

Für Silvester und Neujahr haben wir die Parole ausgegeben: wir sind Zuhause, Freunde! Kommt einfach vorbei. Es ist genug zu Essen und zu Trinken da, und ihr müsst Euch auch nicht als Big Foot, Eisbär oder Nordlicht verkleiden! Wir freuen uns auf Euch.

Buch-Tipps
Friedrich Glauser, "Der Kleine und andere Geschichten aus der Kindheit", Limmat Verlag

Guillermo Cabrera Infante, "Rauchzeichen", Insel Verlag

Lutz Schumacher, "Wenn möglich, bitte wenden. Abenteuer eines Autofahrers", Goldmann

Abt Gregor Henckel Donnersmarck, "Wandlende Zebrastreifen. Anekdoten aus dem Klosterleben", Residenz Verlag