Stroh statt Beton
Häuser vom Kornfeld
Stroh ist ein hervorragender Baustoff. Er benötigt zur Herstellung kaum Energie, ist preisgünstig, leicht zu verarbeiten, wächst wieder nach und kann nach Abriss des Hauses kompostiert werden. Außerdem erreichen Häuser aus Strohballen Passivhausstandards.
8. April 2017, 21:58
Mit Strohballen lassen sich Häuser bauen, die Passivhausstandard erreichen und außerdem ein sehr angenehmes Raumklima aufweisen. Für den Strohballenbau kann man Standard-Strohballen verwenden, wie sie auf vielen Äckern zu sehen sind.
Sie können dabei entweder selbst die Last tragen und werden wie riesige Ziegel aufeinandergeschichtet oder - was häufiger der Fall ist - sie werden als Dämm- und Wandmaterial verwendet, indem man sie in eine Holzständerkonstruktion einfügt.
Minimaler ökologischer Fußabdruck
Im post-fossilen Zeitalter wird Stroh als Baustoff eine bedeutende Rolle spielen. Bereits jetzt werden die Materialeigenschaften von Stroh in vielen Ländern erforscht. Im niederösterreichischen Böheimkirchen hat die Gruppe angepasste Technologie der Technischen Universität Wien zu Forschungszwecken ein Passivhaus mit Strohballendämmung errichtetet.
Am sogenannten S-House wurde berechnet, dass die Herstellung einer Betonwand mit Styropor-Dämmung einen mehr als zehnmal größeren ökologischen Fußabdruck hinterlässt als ein Holzständerhaus mit Strohballendämmung.
Über 100 Jahre alte Strohballenhäuser
Die ältesten Strohballenbauten findet man in den USA. Sie stammen vom Anfang des 20. Jahrhunderts und sind also bereits über 100 Jahre alt. Erst in den 1970er Jahren wurde Stroh durch die Alternativszene wiederentdeckt.
Die niedrigen Baukosten und die Eignung zum Selbstbau machten Strohbauten vor allem für ländliche Gegenden attraktiv. Heute findet man in den USA und Kanada etwa 14.000 Strohballenbauten, in Österreich etwa 100.
Kein Strohfeuer
Mittlerweile sind auch hierzulande die behördlichen Hürden für Strohballenhäuser deutlich niedriger geworden und es ist nicht mehr mit Verzögerungen bei den Genehmigungen zu rechnen.
Große Vorbehalte bestanden gegen Stroh bezüglich seines Brandverhaltens. Dabei brennt gepresstes Stroh sehr schlecht. Der Grund dafür ist, dass die dichte Pressung zu wenig Luft zum Brandherd lässt, wodurch das Feuer sich nur zaghaft oder gar nicht ausbreiten kann. Die beginnende äußere Verkohlung schafft eine zusätzliche Brandschutzschicht.
Bei Materialprüfungstests hat sich gezeigt, dass eine verputzte Strohballenwand Feuer 90 Minuten lang Stand halten kann. Für Einfamilienhäuser sind lediglich 30 Minuten vorgeschrieben.
"Do it Yourself" Strohballenhäuser selbst gebaut
Ein weiterer positiver Faktor bei Strohballenhäusern besteht darin, dass sie sich gut für den Selbstbau eignen. Stroh ist ein leicht zu verarbeitender Werkstoff. Unter der Anleitung eines Fachmanns können Laien beim Bau selbst Hand anlegen und sich dadurch Kosten sparen.
Im Ökodorf Siebenlinden in Sachsen-Anhalt hat man auf diese Weise schon mehrere Strohballenhäuser gebaut. Sie wurden mit Lehm verputzt, den man vor Ort gewonnen hat und der die künftigen Bewohner zum kreativen Gestalten anregt.
Rohbau in wenigen Tagen
Für Bauherren, die schnell einziehen wollen und moderne Architektur schätzen, bietet das Bauatelier Schmelz in Zusammenarbeit mit der Zimmerei Kreativer Holzbau Kastner in Zwettl Fertigteil-Strohballenhäuser an. Die Strohballen werden dabei bereits in der Halle in Fertigelemente eingepasst, die mit Holzplatten geschlossen werden.
Der Vorteil der Fertigteile besteht darin, dass sie witterungsunabhängig in gleichbleibender Qualität hergestellt werden können. Man fährt die Teile zur Baustelle und kann den Rohbau in wenigen Tagen fertig stellen.
Nach dem Abriss Bio-Mulch
Vergleicht man den gesamten Produktlebenszyklus von Strohballenhäusern mit konventionellen Bauten, wird ein weiterer Vorteil des Baumaterials Stroh deutlich.
Rechnet man den Bodenaushub hinzu, so ist die Baubranche in Österreich jährlich für 27,5 Millionen Tonnen Abfall verantwortlich, was einem Anteil von 56 Prozent des gesamten Abfallaufkommens entspricht. Wenn man Fenster, Leitungen etc. entfernt bleibt bei einem Strohballenhaus nur Biomasse übrig, die man verbrennen oder kompostieren kann.
Hör-Tipp
Dimensionen, Dienstag, 19. Jänner 2010, 19:05 Uhr
Links
S-House Böheimkirchen
Österreichisches Netzwerk für Strohballenbau
Fachverband Strohballenbau Deutschland
Bauatelier Schmelz & Partner
Kreativer Holzbau GmbH
Übersicht
- Nachhaltigkeit