Als Bundeskanzler möglich, als Bundespräsident nicht?
Die Republik Österreich und ihr Kaiserhaus
Ulrich Habsburg-Lothringen, ein Kärntner Forstwirt, wollte 2010 für das Amt des österreichischen Bundespräsidenten kandidieren - und durfte nicht. Sind die Beschränkungen, die man den Habsburgern nach dem Ersten Weltkrieg auferlegt hat, noch zeitgemäß?
8. April 2017, 21:58
Markus Salvator Habsburg-Lothringen, Bad Ischl
Die Habsburger: Ein Name, der noch immer viele Menschen ehrfürchtig erschauern lässt. Denn die Habsburger, das sind - bzw. waren - die Kaiser - die Erzherzöge und Kaiser Österreichs, über Jahrhunderte hinweg aber auch eines der mächtigsten Fürstenhäuser Europas. Seit knapp hundert Jahren zwar sind die Habsburger keine Herrscher mehr, sondern - theoretisch - eine ganz normale Familie.
Aber eben nur theoretisch: Wer innerhalb seiner - auf mehrere Länder in ganz Europa verteilt lebenden - Verwandtschaft den Titel eines "Souverains und Großmeisters des Ordens vom Goldenen Vlies" weiterreicht (derzeit hat als sogenanntes Familienoberhaupt Karl Habsburg-Lothringen diesen Titel inne), der ist wahrscheinlich doch keine Familie wie jede andere auch. Sendungs- und Traditionsbewusstsein haben den Abstieg vom Kaiserthron überlebt.
Debatte um Ausschlussbestimmungen
Nun aber will einer von ihnen seine staatsbürgerliche Normalität unter Beweis stellen: Ulrich Habsburg-Lothringen, ein Kärntner Forstwirt, möchte für das Amt des Bundespräsidenten kandidieren - und darf nicht. Ein Artikel in der Verfassung verbietet es ihm. Darüber ist nun eine politische Debatte losgebrochen. Sind die Beschränkungen, die man den Habsburgern nach dem Ersten Weltkrieg auferlegt hat, als die junge Republik Angst vor einer Restauration hatte, noch zeitgemäß?
Damals wurde die kaiserliche Familie des Landes verwiesen; ein Großteil ihrer Besitzungen wurde verstaatlicht, und keiner aus der Familie durfte nach Österreich zurückkehren. Erst in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts begann sich die Lage langsam zu entspannen; nachdem sie schriftlich ihren Verzicht auf Machtansprüche erklärt hatten, durften einzelne Habsburger wieder nach Österreich einreisen, nach langem Hin und Her, Regierungskrise inklusive, auch Otto Habsburg, der Sohn des letzten Kaisers Karl.
Mittlerweile saß Otto selbst sowie auch sein Sohn Karl im Europaparlament - weder Landtage noch Gemeinderäte, nicht einmal der Nationalrat sind für Habsburger verbotenes Terrain: Ja, ein Habsburger, eine Habsburgerin könnte auch Bundeskanzler der Republik Österreich werden. Doch als Bundespräsident durfte sich bisher keiner bewerben: Mitglieder ehemals - oder aktuell - herrschender Häuser sind von diesem Amt ausgeschlossen. (So wäre etwa auch der britische Prinz Charles davon betroffen, er dürfte nicht antreten, selbst wenn er österreichischer Staatsbürger wäre.)
Nicht mehr zeitgemäß, europa- und menschenrechtswidrig, kritisieren die Gegner diesen Passus. Ulrich Habsburg-Lothringen behauptet sogar, selbst Nazis würden in Österreich besser behandelt als seine Familie, denn deren Kinder und Enkel wären nicht von politischen Ämtern ausgeschlossen.
Angst vor Vorbildwirkung?
Wie soll es nun weitergehen? Nachdem die Grünen - für die Ulrich Habsburg-Lothringen politisch aktiv ist - und die ÖVP, außerdem BZÖ und FPÖ rasch zugestimmt haben, das Bundespräsidentenwahlgesetz pro Habsburg zu ändern, und auch die SPÖ ursprünglich Zustimmung signalisiert hat, hat es kurz danach ausgesehen, als könnte das Kandidatur-Verbot tatsächlich sehr rasch fallen. Doch jetzt macht die SPÖ einen Rückzieher. Sie befürchtet, im Gefolge könnten die Mitglieder der ehemals kaiserlichen Familie neue Ansprüche auf die Rückgabe von Vermögen oder Grundbesitz stellen - tatsächlich gibt es ja auch immer wieder Vorstöße in diese Richtung.
Zwar haben das Verbot, bei der Bundespräsidenten-Wahl anzutreten, und das sogenannte Habsburgergesetz, mit dem das Vermögen der Familie dem Staat übertragen wurde, nichts miteinander zu tun, doch die SPÖ fürchtet offenbar die Vorbildwirkung.
Oder ist es doch eher die Angst, dass ein Habsburger, selbst wenn er als Grüner antritt, Stimmen aus dem konservativen Lager an sich - und von Titelverteidiger Fischer abziehen könnte?