Tragödie, Thriller und Fantasy-Märchen
In meinem Himmel
Ein junges Mädchen ist ermordet worden. Jetzt beobachtet es aus dem Jenseits ihren abgründigen Mörder und ihre trauernden Eltern. Peter Jackson wagt in seinem neuen Film "In meinem Himmel" den Spagat zwischen Esoterik-Märchen und Krimi.
8. April 2017, 21:58
Peter Jackson gehört seit der "Herr der Ringe"-Trilogie zu den bekanntesten Regisseuren der Welt. Sein neuer Film "In meinem Himmel" handelt von dem 14-jährigen Mädchen Susie Salmon, das vergewaltigt wird und anschließend in den Himmel aufsteigt. Vorlage des Psychodramas ist der gleichnamige Bestseller-Roman von Alice Sebold.
Als Susie Salmon ist die heute 15-jährige Irin Saoirse Ronan, die für "Abbitte" bereits für einen Nebenrollen-Oscar nominiert war, in ihrer ersten Hauptrolle zu sehen: ein nettes, hübsches, hilfsbereites Mädchen, das niemandem etwas Böses will und gerade deshalb ins Visier des Bösen gerät. In der intensivsten Szene dieses auf explizite Gewalt weitgehend verzichtenden, aber außerordentlich suggestiv wirkenden Films folgt sie dem Nachbarn in das von ihm unter einem Feld gegrabene Versteck, weil sie einfach höflich sein und ihm seine Bitte nicht abschlagen möchte.
Peter Jackson: Rache ist sicher ein wesentlicher Teil des Buchs. Was mich aber mehr beeindruckt hat, war die Vielfalt der Themen in diesem Roman. Auch dass man, je nach Figur, unterschiedliche Sichtweisen auf einen Mord einnehmen kann, fand ich interessant. Jede der beteiligten Personen reagiert anders, etwa die Mutter und der Vater der ermordeten Susie. Aber auch Susie selbst entwirft verschiedene Perspektiven auf das Verbrechen. Susies Rache ist eigentlich eine ganz natürliche Reaktion, auch was sie über ihren Mörder denkt. Mir gefiel, dass den Mörder Mr. Harvey am Ende so etwas wie eine natürliche Bestrafung ereilt - natürlich in dem Sinne, dass man sich ja wünscht, wenn jemand etwas Furchtbares anstellt und nicht von der Justiz erwischt wird, dass er trotzdem auf irgendeine Art bestraft wird. Und das ist hier der Fall, denn Harvey stirbt ja am Ende und vor allem ist dieser Tod ziemlich anonym.
Arnold Schnötzinger: Sie haben doch einige Dinge, die in der Romanvorlage vorkommen, weggelassen, unter anderem eine zentrale Vergewaltigungsszene. Warum denn?
Zu allererst wollten wir ja, dass sich das Publikum bei diesem Film gut unterhält, und dabei hatte ich keine Vorstellung, wie eine Vergewaltigungsszene passen könnte. Für die Dramaturgie ist sie auch nicht wirklich relevant, weil es eigentlich darum geht, was nach diesem Mord kommt. Ehrlich gesagt, aus filmischer Sicht hat es mich überhaupt nicht interessiert, die Vergewaltigung einer 14-Jährigen zu zeigen. Ich hätte es gemacht, wenn es der Erzählung gedient hätte, aber es schien mir einfach nicht notwendig.
Die filmische Adaption von Büchern ist ja im Moment ziemlich In in Hollywood; sind dafür vor allem ökonomische Gründe ausschlaggebend?
Nein, das glaube nicht. Bücher auf die Leinwand zu bringen, das hat es eigentlich immer schon gegeben. Denken Sie an Frankenstein und Dracula in der Stummfilmzeit. Auch Charles Dickens oder Shakespeare. Sicherlich gibt es viele Remakes heutzutage und das Prinzip des Franchising ist auch im Kinobusiness weitverbreitet. Das geht so weit, dass man letztlich aus einem bestimmten Stoff auch Spielzeuge oder Videospiele macht.
Vielleicht noch ein anderes Thema: Nach dem großen Erfolg der "Herr der Ringe-Trilogie" haben Sie beschlossen, bei der nachfolgenden Tolkien-Verfilmung von "Der Kleine Hobbit" nicht selbst Regie zu führen, sondern Guillermo del Toro dafür zu holen. Sie haben sich dabei auf die Rolle des Produzenten beschränkt. Warum wollten Sie nicht Regie führen?
Als ich darüber nachgedacht habe, fand ich es doch ziemlich seltsam, mit meinen eigenen "Herr der Ringe"-Filmen zu konkurrieren. Es gibt ja in "Der kleine Hobbit" einige Szenen, die jenen aus "Der Herr der Ringe" ähnlich sind. Auch einige der Fantasiewesen. Ich habe bei der Ringe-Trilogie schon mein Bestes gegeben und ich hatte das Gefühl, besser könnte ich es einfach nicht machen. Ich hätte ständig denken müssen, dass ich nun etwas anders machen müsste, und ich hätte dabei möglicherweise meinen Instinkt beim Filmemachen verleugnen müssen. Das erschien mir wenig befriedigend. So habe ich an der Entstehung des Drehbuchs mitgewirkt, eine Garantie, dass es eine gewisse Kontinuität zur Ringe-Trilogie gibt. Dann war es überhaupt kein Problem, Guillermo del Toro als Regisseur zu nehmen. Ich bin eigentlich viel mehr gespannt was Guillermo draus machen wird, als was ich selbst draus gemacht hätte.