Die Suche nach dem perfekten Grundriss
Patrick Gmür
Bereits zum achten Mal präsentiert das Architekturfestival Turn On im März einen Überblick der österreichischen Architekturszene. oe1.ORF.at hat die Vortragenden via E-Mail-Interview zu Innovationen und Trendwenden im privaten und öffentlichen Bauwesen befragt.
8. April 2017, 21:58
Patrick Gmür und Jakob Steib sind führende Architekten, was die Realisierung von Wohnbauten betrifft: Eines der prominentesten Beispiele ist der Wohnbau Paul-Clairmont-Strasse in Zürich. Der lange, gerade Baukörper ist einfach und prägnant strukturiert; er führt die in der Stadt wichtige Tradition der Moderne fort und transponiert sie an der Hauptfassade. Zahlreiche flache, weiße Volumina, die fast wie Schubladen wirken, schweben hier vor dem eigentlichen Baukörper und bilden nach oben offene, räumlich differenzierte Freiräume für die einzelnen Wohnungen.
Beim Wohnbau Imbisbühlstrasse realisierten Gmür & Steib Architekten nicht nur besondere Raumtiefen, sondern auch eineinhalbgeschossige Wohnhallen. Gmür experimentiert - in der Arbeitsgemeinschaft oder alleine - in seinen Entwürfen auch mit Lufträumen, also mit der Zweigeschossigkeit im Wohnbereich sowie mit dessen diagonaler Konzeption, und es zeigt sich, welche Vielfältigkeit und Komplexität Wohnraum haben kann. Die Relevanz des Wohnbaus in stadtkonzeptioneller Hinsicht mag mit ein Grund dafür gewesen sein, dass Patrick Gmür seit kurzem als Direktor in das Amt für Städtebau in Zürich wechselte.
oe1.ORF.at: Die Weltwirtschaftskrise hat zu einer Neubewertung von Bauvorhaben in Boom-Ländern geführt: Sehen Sie Anzeichen, dass die Gigantomanie (Stichwort Burj Dubai) von einer neuen Bescheidenheit abgelöst wird?
Patrick Gmür: Bescheidenheit eher nein. Es ist anzunehmen, dass die verfügbaren Geldmittel global zurückgehen - große Bauvorhaben werden verzögert respektive verunmöglicht.
Welche österreichischen architektonischen Innovationen der ersten zehn Jahre des 21. Jahrhunderts haben für Sie das Potenzial, im neuen Jahrzehnt einen internationalen Trend setzen zu können?
Ist mir nicht bekannt. Ist es notwendig, internationale Trends zu setzen?
Dome, Regierungsgebäude, Museen und Sportstadien gelten als Wahrzeichen von Machteliten - welche architektonischen Symbole sind für Sie wichtig?
Die Suche nach dem perfekten Grundriss. Für Nutzer und Investoren optimale Voraussetzungen schaffen.
Welche städtebaulichen Maßnahmen müssen Ihrer Ansicht nach in Wien bis 2020 getroffen werden, um ein nachhaltiges Wachsen der Stadt zu gewährleisten?
Den sozialen Wohnungsbau beibehalten. Nachhaltig verdichten und ein sorgfältiger Umgang mit Kulturgütern.
Ergeben sich aus der zunehmenden Vermischung privater und beruflicher Nutzung von Wohnräumen neue gestalterische Anforderungen?
Bei Hybrid-Bauten entstehen ineffiziente Erschließungstrakte - dafür erhöht sich die Flexibilität der Nutzung
Welche Chancen und Risiken entstehen aus dem Spannungsfeld "Privatsphäre versus staatliche Überwachung" bei der Planung öffentlicher Räume?
Nischen sind wichtig im privaten Leben. Sicherheit im öffentlichen Raum erfordert unter anderem erhöhten technischen Einsatz.
2009 gab es an zahlreichen tertiären Bildungseinrichtungen Proteste gegen den Bologna-Prozess. Welche Ansprüche stellen Sie an ein zeitgemäßes Architekturstudium?
Der Architekt ist Generalist. Erlerntes praktisch umsetzen können. Architekten müssen sich vermehrt betriebswirtschaftlichen Fragen widmen. Fantasievolle "Erfindungen" zahlbar umsetzen.
Sie sind heuer bei Turn On 2010 mit den Projekten "Wohnbau Paul-Clairmont-Strasse" und "Imbisbühlstrasse" vertreten: Welche digitalen Kommunikationsinstrumente waren in der Planung und welche in der Umsetzung wichtig?
Das liebste Arbeitsinstrument ist der Bleistift.
Veranstaltungs-Tipps
8. Architekturfestival Turn on, Samstag, 6. März 2010, 13.00 bis 22.00 Uhr, ORF Radiokulturhaus - KulturCafé und Großer Sendesaal, Eintritt: frei
Mehr dazu in radiokulturhaus.ORF.at
Turn On Partner, Freitag, 5. März 2010, TU Wien, Kuppelsaal im Hauptgebäude, 13:30 Uhr bis 19:00 Uhr, Eintritt frei
Links
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Stadt Zürich - Hochbaudepartment
Steib & Geschwentner