Mit neuem Solo in Österreich
Rick Kavanians "Ipanema"
In bewährter Manier - unplugged, ohne Masken, Kostüme, Requisiten und absurd - präsentiert Rick Kavanian sein zweites Bühnensolo "Ipanema". Der erfolgsverwöhnte Comedian ist derzeit mit seinem zweiten Bühnen-Solo in Österreich unterwegs.
8. April 2017, 21:58
Hürde Wiener Dialekt
Obwohl Rick Kavanians Österreich-Gastspiele noch recht rar sind, genießt der Münchner Entertainer hierzulande Kult-Status. Bekannt wurde er vor allem durch Filme wie "Der Schuh des Manitu" oder "(T)Raumschiff Surprise" und durch seine Auftritte in der legendären "Bullyparade" - gemeinsam mit Bully Herbig und Christian Tramitz.
Auch in seinem aktuellen Solo-Programm "Ipanema" bleibt Kavanian nicht lang alleine, schlüpft er darin doch in rund 20 verschiedene Rollen. "Ich habe für mich ein neues Genre geschaffen: das Ein-Mann-Kino. So kann ich zwischen den Figuren und den Themen hin und her springen, schneiden, vor- und zurück spulen."
Jede Menge kurioser Gestalten
Auch wenn das Programm "Ipanema" heißt, spielt es ausschließlich in der Abflughalle des Münchner Flughafens. Drei Freunde, nämlich Rick selbt, sein "ego-alter" Dimitri, der Grieche, der so gerne Silben verdreht, und der Ur-Bayer Giagl wollen zur Hochzeit von Dimitris Mutter nach Rio fliegen. Allerdings kommt es zu Verzögerungen, die KLM-Maschine ist defekt. KLM bedeutet in diesem Fall "Klinsmanns lustige Maschine". Und tatsächlich ertönt aus den Lautsprechern die Stimme von Jürgen Klinsmann, dem ehemaligen, recht glücklosen Cheftrainer des "FC Bayern München". "Unsere Sitzaufstellung im Airbus ist zu offensiv, gerade wenn man nach Brasilien fliegt. Wir müssen ein paar Sitzreihen herausnehmen."
Wie schon in seinem Bühnen-Debüt "Kosmopilot" erweist sich Rick Kavanian auch im Nachfolgeprogramm "Ipanema" wieder als großer Verwandlungskünstler - und das ganz ohne Verkleidung und Requisiten. Ausschließlich durch wechselnde Dialekte und Mimik parodiert und imitiert er jede Menge kurioser Gestalten.
Wie er die unterschiedlichen Sprachfärbungen einübt? "Es ist nicht so, dass ich sage: Wienerisch oder Sächsisch wäre mal gut. Sondern es ist so, dass ich jemanden treffe, der zum Beispiel aus Wien kommt und der mich begeistert. Und dann mach ich die Tore auf und dann dringt der ein und wird sesshaft in mir und fängt an zu leben."
Mit Kamel nach Rio
Ein skandalsüchtiger Wiener Klatschreporter gehört ebenso zu Kavanians Personal wie eine holländische Stewardess, ein chinesischer Schönheitschirurg, ein indischer Taxi-Fahrer aus New York, die Klitschko-Brüder ("Klitsch-k.o."), oder ein gewisser Herr Seifert, der mit einem Kamel nach Rio reisen will.
"Ich bin Tierpfleger aus Leidenschaft bei Leipzig. Die Kamel-Dame Conny ist ein Geschenk an den Tiergarten in Rio, weil das Kamel einen Höcker hat, genau wie der Zuckerhut. Außerdem kann die Kameldame Conny hervorragend Samba tanzen im Bananenkostüm. Das hat sie gelernt, damals bei Stasi in der Manege". Ein Kamel als Doppelhöcker-Agent.
Gelernter Schauspieler
Rick Kavanian ist ein Komiker mit durchaus ernstem Hintergrund, hat er doch neben seiner künstlerischen Karriere auch Politikwissenschaft, Nordamerikanische Kulturgeschichte und Psychologie studiert. Mitte der 1990er Jahre nahm er sich ein Jahr Auszeit und besuchte die berühmte Lee-Strasberg-Schauspielschule in New York.
"Das war wie eine Weichenstellung. Obwohl ich zu dem Zeitpunkt schon fünf Jahre Comedy im Radio gemacht hatte, hab ich erstmals gespürt, dass die Schauspielerei etwas ist, was mich begeistert." Wer weiß, vielleicht ist der Umstand, dass Kavanian seinen Namen englisch ausspricht, auch noch ein Überbleibsel seines Amerika-Aufenthalts. Eigentlich hat der Bayer armenische Wurzeln. "Kavan heißt im Armenischen Brunnen und Kavanian ist wohl derjenige, der zum Brunnen geht, um das Wasser zu holen."
Kaum Durchblick
Apropos Wasser: Kavanians Solo "Ipanema" hat mit dem gleichnamigen Strand von Rio de Janeiro absolut nichts zu tun. Der Titel ist dennoch zugleich Programm. Denn Ipanema bedeutet auf Portugiesisch "aufgewühltes Wasser". Und genau das ist für Rick Kavanian ein sehr treffendes Bild für unsere heutige, so bewegte wie schnelllebige Zeit, in der kaum jemand mehr den Durchblick hat.
Demonstriert wird dieser Umstand anhand realer oder zumindest sehr realistischer Fallbeispiele. Kavanian macht sich über den Schönheits- und Jugendwahn lustig, spielt einen Computersüchtigen, der seine Umwelt gar nicht mehr wahrnimmt, oder lässt den italienischen Ministerpräsidenten eine Kontakt-Annonce im Internet aufgeben. "Ciao! Du bist jung, weiblich, gutaussehend und unter 21, dann bewirb dich jetzt mit einem aussagekräftigen Bikini-Foto und ich sichere dir garantiert meinen Ministerpfosten. Ich freue mich auf dir!"
Kabarett oder Comedy?
Im Wiener Orpheum erntete Rick Kavanian für seinen Auftritt minutenlangen Applaus. Einige Damen warfen sogar weiße Rosen auf die Bühne. "Deutsche und Österreicher", so versichert der Gefeierte, "haben ohnehin viel mehr gemeinsam, als man vermuten würde. In Deutschland gibt's ein Kaba-Rett-Syndrom. Aber das gibt's in Österreich auch!" Zum Beweis erzählt Kavanian eine Anekdote, die sich seiner Meinung nach auch hierzulande hätte ereignen können: Bei einem Veranstalter sei einmal folgende Beschwerde eingegangen. "Wieso hat eigentlich der Kavanian im Rahmen der Kabarett-Tage gespielt, wo das doch Comedy war?! Wir haben uns zwar totgelacht, aber wir wollen unser Geld zurück!"
Ob es nun Kabarett, Comedy, oder von beidem etwas war, die zwei Stunden, in denen man Rick Kavanian in seinem Bühnen-Solo "Ipanema" beim Warten am Flughafen-Gate zugeschaut hat, sind wahrlich wie im Flug vergangen.
Service
Rick Kavanian, "Ipanema", 6. Oktober 2010, Uni Klagenfurt, 7. Oktober 2010, Theater Akzent Wien, 8. Oktober 2010, Spielraum Kapfenberg, 12. Oktober 2010 Treibhaus Innsbruck
Rick Kavanian
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