Gesetzeslage in Österreich
09. Gesetzliche Rahmenbedingungen
29. September 2010, 00:35
Auszug der Stellungnahme der Bioethikkommission zu Fragen der Stammzellenforschung vom 3. April und 8. Mai 2002 im Kontext des 6. Rahmenprogramms der EU im Bereich der Forschung, technologischen Entwicklung und Demonstration als Beitrag zur Verwirklichung des europäischen Forschungsraums (2002-2006):
1. Die Stammzellenforschung steht ungeachtet von vorliegenden und viel versprechenden Ergebnissen noch ganz am Anfang. Am weitesten ist die Forschung auf dem Gebiet der hämatopoietischen Stammzellen gediehen, hier gibt es bereits etablierte klinische Anwendungen. Trotzdem handelt es sich derzeit bei der Stammzellenforschung noch weitgehend um Grundlagenforschung, welche die Arbeiten über die Differenzierungs- und Transdifferenzierungspotentiale unterschiedlicher Progenitorzellen, wie z. B. adulter Stammzellen, umbilikaler Stammzellen, fötaler Stammzellen und embryonaler Stammzellen zum Inhalt hat.
2. Aus ethischer Sicht ist einerseits vor der Erzeugung übertriebener oder voreiliger Heilungserwartungen zu warnen, andererseits aber auch auf die gesellschaftliche Bedeutung medizinischer Grundlagenforschung zu verweisen, die dem Wohl nicht nur gegenwärtiger, sondern auch künftiger Patienten dient. Bemühungen um verbesserte Behandlungsmöglichkeiten stellen ein hohes ethisches und soziales Gut dar, für die der Staat eine gesetzliche Verpflichtung hat. Daher ist auch die Stammzellenforschung prinzipiell unter Wahrung ethischer Grundsätze und verfassungsrechtlicher Schranken zu bejahen und öffentlich förderungswürdig.
3. Zwar ist die Herstellung von embryonalen Stammzell-Linien in Österreich gesetzlich verboten, nicht jedoch der Import von bereits existierenden Stammzell-Linien, weder durch das Fortpflanzungsmedizingesetz (FMedG) noch durch das Arzneiwareneinfuhrgesetz. Eine entsprechende Forschungsförderung durch die EU stieße daher nicht auf ein ausdrückliches Verbot in der österreichischen Rechtsordnung.
4. Ethisch umstritten ist die Gewinnung und Verwendung von embryonalen Stammzellen. Dies hängt damit zusammen, dass der ontologische, moralische und rechtliche Status des Embryos unterschiedlich beurteilt wird: ob ihm der Status der Person mit Menschenwürde und Lebensrecht zukommt und wenn ja, ab welchem Zeitpunkt.
5. Umstritten ist außerdem, ob ein moralischer und rechtlicher Unterschied gemacht werden darf zwischen solchen Embryonen, welche durch Fertilisation, d. h. durch Verschmelzung von Ei- und Samenzelle entstehen, und solchen, die durch Transfer eines somatischen Zellkerns in eine entkernte Eizelle (Klonen) erzeugt werden. Zudem könnten sich wesentliche ethische Probleme aus einer Reihe von sich entwickelnden technologischen Möglichkeiten und Verfahren zur Gewinnung und Verwendung von embryonalen Stammzellen ergeben, die von der Begriffsdefinition des therapeutischen oder reproduktiven Klonens nicht erfasst sind und für die daher formal die derzeitigen Einschränkungen keine Gültigkeit haben. Derartige Manipulationen könnten aber Ergebnisse mit sich bringen, die jene gesellschaftlichen Wertvorstellungen und Intentionen betreffen, die zum Verbot reproduktiven Klonens und der genetischen Modifikation der Keimbahn geführt haben.
6. Deshalb wird die Entscheidung des Rates der EU, vorrangig die Forschung an adulten Stammzellen zu fördern, begrüßt.
Links
Weitere Informationen über die Bioethikkommssion beim Bundeskanzleramt finden Sie auf der Homepage der österreichischen Bundesregierung:
Bundekanzleramt - Bioethik
Die Stellungnahme der Bioethikkommission zu Fragen der Stammzellenforschung finden Sie ebenfalls auf der Homepage der österreichischen Bundesregierung:
Bundeskanzleramt - Stellungnahme (PDF)
Die Online-Infomappe der Sendung Radiodoktor - Medizin und Gesundheit ist ein Service von
Österreichische Apothekerkammer
Gesundheitsressort der Stadt Wien
Zurück zu Stammzelltherapie