Neue Behandlungsstrategien
10. Therapie bei Blutkrebs
29. September 2010, 00:35
Seit einigen Jahren gibt es ein neues Medikament, das die Therapiemöglichkeiten für Patienten mit chronischer myeloischer Leukämie, die nicht mehr auf Interferon ansprechen, um eine weitere Option erweitert. Das Medikament mit dem Wirkstoffname Imatinib ist ein Vertreter der neuen Klasse von Krebsmedikamenten, den so genannten Signaltransduktions(weiterleitungs-)hemmern, daher auch Signal-Transduktions-Inhibitor = STI.
Herkömmlichen Zytostatika, die in der Chemotherapie eingesetzt werden, können zwischen gesunden und kranken Zellen nur bedingt unterscheiden und gehen deshalb oft mit schweren Nebenwirkungen einher. Signaltransduktionshemmer zielen dagegen spezifisch auf die Unterbrechung von Informationswegen in Tumorzellen, die für deren Wachstum entscheidend sind.
Imatinib setzt an der entscheidenden Ursache für die ungehemmte Vermehrung von Blutzellen bei der chronischen myeloischen Leukämie an: der Bcr-Abl-Tyrosinkinase, dem Protein, das durch das bcr-abl-Fusionsgen des Philadelphia-Chromosoms gebildet wird. Es ist in den Leukämiezellen der meisten CML-Patienten zu finden.
Tyrosinkinase-Hemmer
Gegen dieses Protein - eine bestimmte Tyrosinkinase (ein Enzym, das bei der Signaltransduktion, der Übermittlung von Wachstumsnachrichten im Innern der Zelle, eine wesentliche Rolle spielt) - richtet sich Imatinib. Der Wirkstoff blockiert das Enzym und mit ihm die unkontrollierte Vermehrung der Zellen.
Die Substanz verlangsamt das Fortschreiten der Erkrankung und hat vergleichsweise geringe Nebenwirkungen. Übelkeit, Muskelkrämpfe, Muskelschmerzen, Ödeme und Hautausschläge wurden beobachtet, allerdings überwiegend in geringer Ausprägung.
Imatinib ermöglicht übrigens auch eine effektive medikamentöse Therapie fortgeschrittener und metastasierter GIST. GIST-Tumore sind seltene Tumore des Gastrointestinaltraktes, die von nicht-neuronalen gastrointestinalen Schrittmacherzellen ausgehen. Sie gehören zur heterogenen Gruppe der Weichgewebssarkome (Weichteilsarkome, Inzidenz: ca. 2-3/100.000).
Antikörper gegen Lymphome
Antikörper erkennen typische Oberflächenstrukturen (Antigene) an der Außenseite von Krebszellen. Daher sind künstlich hergestellte Antikörper in der Lage, Giftstoffe oder Radioisotope gezielt an die bösartigen Zellen heranzutragen. Einige Antikörper haben auch einen direkten zellschädigenden Effekt. Ein solcher Antikörper mit Namen Rituximab, der gegen das Antigen CD20 gerichtet ist, zeigt viel versprechende Behandlungsergebnisse.
Ebenfalls bereits in Anwendung ist der Antikörper Alemtuzumab. Er bindet an das Oberflächenmerkmal (CD52) auf den Leukämiezellen.
Weitere solche Antikörper werden klinisch getestet.
Multiple Myelom
Folgende neue Strategien gegen das Multiple Myelom gibt es:
Behandlung mit Thalidomid
Diese Substanz, besser bekannt als Contergan, sorgte wohl für den schlimmsten Arzneimittelskandal aller Zeiten. Nun wurde für diese Substanz eine neue, manchmal lebensrettende Anwendungsmöglichkeit gefunden. Thalidomid hemmt die Bildung von Blutgefäßen im Bereich des Tumors und scheint auch günstige Auswirkungen auf das Immunsystem zu haben. Bei 40 bis 50 Prozent der Patienten mit Multiplem Myelom hat Thalidomid eine Wirkung. Allerdings kann es auch zahlreiche, gravierende Nebenwirkungen geben.
Behandlung mit Bortezomib
Seit 2002/2003 wird dieses Medikament in klinischen Versuchen getestet. Bortezomib ist ein Proteasom-Hemmer. Proteasome spielen eine wichtige Rolle bei dem Abbau von Proteinen, die den Zellzyklus und somit Zellwachstum regulieren.
Der Wirkmechanismus eines Proteasom-Hemmers beruht somit auf eine Blockierung der Stoffwechselwege der Krebszellen, die sich durch unkontrolliertes Wachstum kennzeichnen. Wie das Mittel genau wirkt, ist nicht vollständig geklärt, aber bekannt ist, dass es nicht nur die Myelomzellen abtötet (auch solche, die resistent gegen andere Behandlungsmethoden geworden sind), sondern auch die Anlagerung der Myelomzellen an das Knochenmark blockiert und die Produktion von Zytokinen verhindert, die die Myelomzellen für ihr Wachstum benötigen.
Behandlung mit Revimid
Revimidgehört zu den immunmodulierenden Mitteln (IMiDs), zu denen auch Thalidomid zählt und wird als Tablette verabreicht. Die Wirkung von Revimid in der Mikroumgebung des Knochenmarks wird ähnlich beschrieben wie die von Bortezomib. Es ist sehr viel wirksamer als Thalidomid und hat aber dessen Nebenwirkungen nicht im gleichen Ausmaß.
Behandlung mit Zevalin
Zevalin (90Yttrium-Ibritumomab Tiuxetan) ist ein radioaktiver Antikörper. Dieser besteht aus einem monoklonalen Antikörper (Ibritumomab Tuixetan) und einem daran gebundenen radioaktiven Molekül (Yttrium-90).
Ibritumomab Tuixetan ist mit dem bereits therapeutisch eingesetzten Rituximab verwandt. Der Antikörper bringt quasi als Taxifahrer die Strahlung gezielt an Lymphomzellen heran und tötet direkt gebundene, aber auch benachbarte Zellen ab.
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