Die tägliche Analyse von Eugen Freund

02. Ist Wahlkampf?

Soviel hat sich gar nicht geändert. Kommt man am internationalen Flughafen in Washington an, empfängt einen das gleiche Chaos, das man seit vielen Jahren kennt. Lange Schlangen, im wahrsten Sinne des Wortes - aus zwei Transatlantikmaschinen ergießen sich an die 500 Passagiere, die alle durch die Grenz- und Zollbehörden geschleust werden müssen.

The same procedure as every year
Die Schlangen werden an Absperrungen entlang- und vorbeigeführt, die sich durch die Halle winden, und eine halbe Stunde später stehe ich dann endlich vor dem Einwanderungsbeamten.

Er ist froh, dass meine Auskunft, ich sei Journalist, von dem elektronischen Lesegerät, in das er meinen Pass steckt, bestätigt wird. Aber das ist nun nicht mehr genug. Jetzt kommt die Sache mit den Fingerabdrücken.

Wie aufgefordert lege ich meinen linken Zeigefinger auf ein kleines Gerät, aus dem es rot herausleuchtet, gleichzeitig schaut der Beamte auf den Monitor, ermuntert mich, den Finger noch länger draufzuhalten ("Der Computer ist ein bisschen langsam heute") und empfiehlt mir dann, mit dem rechten Zeigefinger über die Stirne zu fahren, damit die Fingerkuppe ein wenig angefettet wird - tatsächlich geht es nun deutlich schneller.

Jetzt wird noch das Foto geschossen (völlig schmerzlos), dann klopft er zwei Stempel in den Pass und fertig ist die Angelegenheit - wenigstens diese Prozedur hat tatsächlich nicht länger gedauert als bei früheren Einreisen in die USA.

Ist Wahlkampf?
Vom Wahlkampf ist bei der Fahrt in die Stadt nichts zu sehen - in den USA gibt es keine Wahlplakate. Nur das Autoradio (wie immer rasch umgestellt auf NPR, dem quasi öffentlich-rechtlichen Sender der USA) berichtet ausführlich über die Auftritte von George Bush und John Kerry in Wisconsin und Iowa. In beiden Bundesstaaten ist das Rennen besonders knapp.

Es ist Wahlkampf
Erst als ich in der Gegend ankomme, in der ich während meiner Tätigkeit als Korrespondent gewohnt habe, tauchen auch optisch die ersten Hinweise auf, dass die USA vor einer heiß umfochtenen Entscheidung stehen. In fast jedem Rasen vor dem Haus steckt eine kleines blaues Schild mit der Aufschrift "Kerry-Edwards" - und gelegentlich eines mit "Bush-Cheney" - ein deutlicher Hinweis, dass hier mehr Anhänger der Demokraten wohnen als Freunde des Präsidenten.

Was die von der Wahl erwarten, darüber berichte ich morgen mehr.

Text: Eugen Freund

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14. Oktober 2004
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