Goldene Nica

Bernard Parmegiani

Entre Temps

"Entre Temps" steht in der zeitlichen Abfolge zwischen den Kompositionen "Présent composé" (1990) und "Plein Temps" (1992), was der Übertitel dieses Zyklus werden wird.

Auf diese Weise wird das Stück zu einer Klammer, einer Art Pause zwischen den Zeiten: der Zeit der Gegenwart und jener Zeit, in der sich gleichzeitig Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zusammenfinden werden.

Erinnerungs-Bilder

Erster Satz: Die Verlangsamung des Tickens eines Pendels, mit der dieses Stück beginnt, gibt uns das direkte und symbolische, aber auch das trügerischste Bild des verlangsamten Vergehens der Zeit. Es scheint, dass in den freigelassenen Zwischenräumen, zwischen den punktuellen Ereignissen, tönende Ausblicke erscheinen. Diese gleichen Erinnerungs-Bildern eines nahen oder entfernten Alltags. Oft vernebelte Bilder, wie jene, die uns, das Gedächtnis schenkt, wenn wir flüchten, überdrüssig einer unmittelbaren und uninteressanten Wirklichkeit.

Zweiter Satz: In diesem Satz fixiert uns - wie als Gegensatz das Spiel eines tönenden, ständig wiederauflebenden Körpers jedes Mal auf das Unmittelbare, trotz der stillen Augenblicke, welche die Figuren und tönenden Bahnen trennen. Diese ständige Variation lässt uns einer bereits begonnenen Entwicklung nicht mehr entkommen. Jede Stille ist - musikalisch betrachtet - Erwartung, Wunsch nach neuen Variationen. Mit seiner Tondauer, seinen Glissandi und seinen fixen Höhen wird der verwendete klingende Körper (Tischtennisball) zum musikalischen Objekt. Die Zwischenzeit scheint sich also aufgelöst zu haben, um dem ständigen Zuhören jedes Augenblickes Platz zu lassen.

Unumkehrbarer Ablauf der Zeit

Dritter Satz: Wie um ein gewisses Abschweifen unserer Aufmerksamkeit zu ermöglichen, sind die musikalischen Objekte des vorhergehenden Satzes verschwunden, um einer Art gelenkter Träumerei Platz zu machen. Die harmonischen Kurven, breit und langsam in der Bewegung, ziehen sich in einen außerzeitlichen Raum zurück, als ob sie einen Augenblick lang den Zusammenhang ignorieren würden. Das Fehlen musikalischer Stille erlaubt uns paradoxerweise ein Entkommen, das so künstlich eine Art persönlicher Zwischenzeit schafft.

Vierter Satz: Zuerst ein kombiniertes Spiel punktueller Ereignisse, die nah und entfernt im klingenden Raum stehen: Schaukeln in der Zeit und Schaukeln der Zeit zwischen der Gegenwart und der Vergangenheit. Nachher mischen sich die bisher vorgestellten Elemente, wo sich die “Momente“ und Zwischenzeiten mischen und versuchen, sich zusammenzufinden ... schließlich genau so bestimmend im ununterbrochenen, unverdichtbaren und unumkehrbaren Ablauf der Zeit.

Realisiert wurde die Komposition zu 40 Prozent in meinem Privatstudio und zu 60 Prozent im Studio der GRM.

Text: Bernard Parmegiani