Viel Lob für Andrea Jonasson

Presseschau: Verrisse für Werners Regiekonzept

Wenig Lob erntete in den österreichischen Tageszeitungen Emmy Werners Regie-Konzept für "Das Konzert" von Hermann Bahr. Das Stück hatte am Dienstag am Wiener Volkstheater Premiere.

Positive Kritiken bekamen hingegen einige der Darsteller, allen voran Andrea Jonasson und Erni Mangold.

Der Standard

Der Standard lobt einige der Schauspieler, stellt aber das Regie-Konzept von Emmy Werner in Frage. Das Stück frage auch nach einer Begegnung, um in der Ehe von Marie und Gustav die "erloschen geglaubte Begierde neu anzustacheln". Emmy Werner hat jedoch ein (neues) Nora-Ende angelegt: "Frau Marie packt die Koffer. Das aber hätte sie leichter haben können. Was wird hier eigentlich erzählt?", fragt der Standard.

Der Gustav des Wolfgang Hübsch strahle "das Lächeln eines halb defekten Wärmestrahlers" aus, es sei "schleierhaft, woher die Faszination dieses Greisen-Kindskopfes rührt". Andrea Jonasson lege "ihr Elend wie ein besonders hauchdünn gewalztes Blech über die vielleicht zu auskömmliche Muße ihrer luxuriösen Betrogenenlebtage. ... Sehr schön, sehr ernst gespielt ist diese reife Figur, und doch mit spitzen Virtuosinnenfingern vom Körper weggehalten."

Die Presse

Eine "feines Konzert ohne Star-Solisten" sah "Die Presse". Obwohl das Stück heute zum Teil verstaubt wirke, werde "auf jeden Fall viel Kluges, Witziges, zeitlos Gültiges gesagt". Regisseurin Emmy Werner habe dafür gesorgt, "dass Bahrs Dialoge klar, präzis, geschliffen über die Rampe kommen."

Die Regie habe jedoch "offenbar beschlossen, den Protagonisten der Lächerlichkeit preiszugeben". Wolfgang Hübsch als Heink wirke als abgewrackter Verführer "verzeichnet" - ebenso "die kreischende Verehrerinnen-Riege in Heinks Haus".

Die feministische Note bekomme dem Stück, das einen versöhnlichen Ton anschlage, "weniger als die psychologische". Lob gibt es für Andrea Jonasson: "Auf dem Gesicht der Jonasson spiegelt sich alles, was man sich für diese Rolle an Facetten nur wünschen kann."

Kronen Zeitung

Für die "Kronen Zeitung" war der Abend ein "zwiespältiges Theatervergnügen". Wolfgang Hübsch verkörpere "eine merkwürdige Welt von gestern", die Jonasson hingegen zeige den Weg, " wohin es mit den alten grauen Thesen und Antithesen zum Thema eheliche Pflicht und Treue gehen könnte: in modernen Zeiten!"

Ein "Glücksfall" sei Volkstheater-Debütant André Pohl als gehörnter Ehemann Dr. Jura. Emmy Werner zeige "routiniertes Handwerk bei Auftritten der schrillen Schülerinnen (Julia Cencig, Chris Pichler u. a.) und Liebe für Charaktere wie Erni Mangold als Frau 'Mirl' an der Seite ihres Pollinger (Heinz Petters)".

Kurier

Im Volkstheater sehe man ein "feines, hintersinniges 'Lust-Spiel'" als "sehr bodenständiges Emanzipationsdrama", resümiert der Kurier. "Elegische, wahrhaftige Zwischentöne spart Werner aus; sie setzt sich lieber mit ganzer Kraft auf die Witze." Einzelne Charaktere kämen zu kurz.

Gustav sei ein "fast kauziger, greinender, knarzender und kindischer Narziss, dessen Wirkung auf die Damenwelt nur sehr bedingt nachvollziehbar ist. An seiner Seite gibt Andrea Jonasson eine wissende Marie, die nur von einstigen Glücksmomenten zehrt. Dass diese Frau in Werners Deutung letztlich ihren Mann verlässt, ist nur teilweise plausibel.

Ein Glücksfall aber ist Erni Mangold, die als Pollingers Angetraute selbst im Alter ihr Recht auf Würde und Sexualität einfordert.

Wiener Zeitung

Als einziges Blatt sie die "Wiener Zeitung" Werners Regie-Konzept positiv. Werner habe versucht, "das bestmögliche aus der flachen Textvorlage zu holen - sprich die untergeordnete Position der Frauen ein wenig aufzupolieren."

So betrachtet sei die Premiere "ein Erfolg. Zumal Andrea Jonasson jede Menge Charakter in die Hauptrolle fließen ließ und in Wolfgang Hübsch einen ebenbürtigen, 'herznahen Gegenspieler' fand."

Salzburger Nachrichten

Emmy Werner lasse dass Stück "als handfesten Schwank" spielen, konstatieren die "Salzburger Nachrichten".

Lob gibt es nur für Andrea Jonasson, die eine "Ausnahmeerscheinung" sei: "Das betrifft nicht allein ihr bewundernswertes Aussehen, sondern auch die souveräne Art, wie sie in dem hanebüchenen Textsalat besteht."

Mehr zum Stück in Ö1 Highlights

Mehr über die ersten mündlichen Kritiker-Reaktionen nach der Premiere in Ö1 Highlights

Links
Der Standard - Krümelmonsters Traumschäfer-Stunde
Die Presse - Feines Konzert ohne Star-Solisten
Kronen Zeitung
Kurier - Schürzenjäger in Hauspantoffeln
Wiener Zeitung - Vier "herznahe Gegenspieler"
Salzburger Nachrichten - Einmal über die Stränge schlagen