Fakten aus der Wirtschaftspublizistik

03. Mythen und Fakten

Die Diskussion über Reformbedarf des Österreichischen Gesundheitswesens ist geprägt von Schlagworten wie "Kostenexplosion", "Überalterung", "Wettbewerb erhöht Qualität" oder "Eigenverantwortung senkt Kosten". Alles Mythen mit denen aufgeräumt gehört, sagt der Wirtschaftsjournalist und Buchautor Martin Rümmele.

Kostenexplosion
Nicht die Kosten explodieren, sondern die Defizite der Krankenkassen. Dabei wachsen die Gesundheitsausgaben nur so stark wie die Wirtschaftsleistung. Das Problem ist, dass die Einnahmen sinken. Sie hängen an den Löhnen und Gehältern und die sinken.

Fortschritt macht's billiger
Der medizinische Fortschritt führt zu höheren Kosten, weil der Gesundheitsindustrie keine Schranken gesetzt werden. Was angeboten wird, wird konsumiert. Das System honoriert vor allem die verkaufte Menge, nicht die Qualität. Also gibt es eine Mengenexplosion. Was fehlt sind Kontrolle und Transparenz.

Alte sind teuer
Auch dank des Gesundheitssystems werden wir im Durchschnitt immer älter. Deshalb wachsen aber die Ausgaben nicht. Sie steigen erst in den letzten Lebensjahren, weil der "Reparaturbedarf" eben dann zunimmt - egal, ob die Lebenserwartung bei 70 oder 90 Jahren liegt. Es sinken aber die Einnahmen, wenn der Anteil der nicht mehr erwerbstätigen Älteren steigt. Derzeit sind aber so viele Menschen wie noch nie im erwerbsfähigen Alter zwischen 20 und 50.

Eigenverantwortung hilft
90 Prozent der Erkrankungen resultieren aus den Lebensumständen oder sind genetisch mitbedingt. Gerade die Lebensumstände hängen aber mit dem sozialen Umfeld, mit Bildung und Einkommen zusammen. Armut macht krank. Und die Armut wächst: Fast ein Million ÖsterreicherInnen sind armutsgefährdet oder leben schon unter der Armutsgrenze. Hier hilft nicht Eigenverantwortung, sondern nur Solidarität.

Selbstbehalte wirken
Nicht die PatientInnen entscheiden über die Art der Behandlung, sondern die ÄrztInnen. Und die verdienen meist daran. Deshalb gibt es international kein Beispiel, wo Selbstbehalte auch nur mittelfristig den Konsum von Leistungen reduziert haben. Sie bringen den Krankenkassen nur mehr Geld - von den Kranken und Bedürftigen. Diese zahlen quasi ein zweites Mal, werden also für ihr Leid bestraft.

Das Gesundheitssystem belastet den Standort
Krankenversicherungen sind nicht nur Lohnnebenkosten. Ein gutes Gesundheitswesen ist auch Voraussetzung für Wirtschaftswachstum: Es sichert allein direkt 160.000 Arbeitsplätze (gerade auch für Frauen), ist die größte Wirtschaftsbranche und garantiert einen besseren Gesundheitszustand der Bevölkerung. Das wiederum erhöht_

  • die soziale Stabilität (Standortfaktor für Investoren),
  • die Produktivität der arbeitenden Menschen,
  • die Kaufkraft, weil die Risikovorsorge gering ist.

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