Im Klartext: Große Koalition, was nun?

Beantragt die SPÖ einen Untersuchungsausschuss in der Causa Haidinger? Wenn ja, ist das der Anfang vom Ende der Großen Koalition? SPÖ-Bundesgeschäftsführer Josef Kalina und ÖVP-Generalsekretär Hannes Missethon diskutierten bei Gabi Waldner.

Herwig Haidinger, abgesetzter Leiter des Bundeskriminalamtes, hat Anfang Februar mit seinen Enthüllungen über einen angeblichen Missbrauch des Innenministeriums durch die ÖVP eine politische Bombe platzen lassen. Haidingers Vorwürfe betreffen vor allem den Entführungsfall Natascha Kampusch und die BAWAG-Affäre.

Haidinger habe 2006 auf Ermittlungspannen im Fall Kampusch aufmerksam gemacht, die damalige ÖVP-Innenministerin Liese Prokop habe aber darauf nicht reagiert, um unmittelbar vor der Nationalratswahl keinen Polizeiskandal heraufzubeschwören. In der Causa BAWAG wiederum sei Haidinger von Kabinettsmitarbeitern der Innenministerin angewiesen worden, gezielt gegen die SPÖ zu ermitteln. Später habe man dann von Haidinger verlangt, Akten für den Banken-Untersuchungsausschuss exklusiv der ÖVP, und dann erst dem Ausschuss zu übermitteln.

Seit Haidingers Vorwürfe im Raum stehen, wird von vielen Seiten auf einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss gedrängt. Die Oppositionsparteien (Grüne, FPÖ, BZÖ) sprechen sich einhellig für einen Ausschuss aus und kritisieren die SPÖ, weil sie in dieser Frage bislang noch um eine einheitliche Linie ringt: während nämlich die Parteichefs der Länder vehement einen U-Ausschuss fordern und SPÖ-Granden wie Michael Häupl und Josef Cap der ÖVP die Rute ins Fenster stellen, halten etwa Sozialminister Erwin Buchinger und Verkehrsminister Werner Faymann (als Regierungskoordinator in Eintracht mit seinem ÖVP-Gegenüber Josef Pröll) einen Untersuchungsausschuss nicht für zwingend nötig.

Parteichef und Bundeskanzler Alfred Gusenbauer lässt sich noch alle Türen offen – offiziell möchte er es den SPÖ-Parlamentariern überlassen, über die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zu entscheiden. Die ÖVP ist erwartungsgemäß gegen einen Ausschuss, Klubobmann Wolfgang Schüssel spricht von einem "politischen Tribunal". Dazu kommt, dass nach einer Aussage des Kärntner Landeshauptmannes Jörg Haider nun auch die Glaubwürdigkeit des Kronzeugen Haidinger angekratzt ist: der Ex-BKA-Chef habe den Landeshauptmann gebeten, bei ÖVP-Ministern für seine Dienstverlängerung zu intervenieren. Im Gegenzug habe Haidinger sich als Informant für das BZÖ angeboten.

Auch die Parteisekretäre beteiligen sich rege an der Debatte und provozieren einander mit Presseaussendungen. So steht für SPÖ-Bundesgeschäftsführer Josef Kalina fest: anstatt zur Aufklärung beizutragen und die Korruptionsvorwürfe von sich aus zu entkräften, verstricke sich die ÖVP immer weiter in Widersprüche. Am Ausschuss führe demnach kein Weg vorbei. ÖVP-Generalsekretär Hannes Missethon hält davon wenig, ein U-Ausschuss würde nur unnötig viel Geld kosten, die politische Arbeit lähmen und sei darüber hinaus ein sehr "unfreundlicher Akt" der SPÖ. Setzen die Sozialdemokraten nun gegen den Willen des Regierungspartners den Untersuchungsausschuss zur Causa Innenministerium ein? Und wenn ja, zerstört das die große Koalition endgültig?

Text: Manuel Marold

Eine Veranstaltung in Kooperation mit "Die Presse", unterstützt von Hochriegl.

Im Klartext: Große Koalition, was nun?
Mittwoch, 27. Februar 2008
18:15 Uhr
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