Zellers Publikumshit an der Volksoper Wien

Rote Rosen vom Sektionsrat

Carl Zeller, dem es gelang, seine zündenden Melodien zum Volksliedgut werden zu lassen, komponierte rein aus Liebhaberei - und das erfolgreich: Sein größter "Hit", "Der Vogelhändler", ist in einer neuen Inszenierung an der Wiener Volksoper zu sehen.

Es ist ein fröhlicher Sumpf aus Wilddieberei und Korruption, getragen von allerlei fragwürdigen Existenzen und suchenden Liebenden, die einem ab 8. September 2009 in der Volksoper Wien begegnen. Die erste Herbstpremiere im Haus am Währinger Gürtel verwickelt ihr Publikum in das köstliche stände-übergreifende Verwirrspiel rund um Adam und seine Christel von der Post in Carl Zellers "Der Vogelhändler".

"Ein flotter Kurfürst und ein ebenso flotter Vogelhändler aus Tirol sind die Helden, eine solide Kurfürstin und eine ebenso solide Briefträgerin von ländlicher Klugheit die Heldinnen der Operette", stellte der Rezensent des "Wiener Fremdenblatt" nach der Uraufführung am 10. Jänner 1891 das Personal der Operette vor, die zu Zellers größtem Wurf wurde und zu einer der populärsten Operetten überhaupt zählt.

"Anmutige Piecen"

Carl Zeller, dem es gelang, seine zündenden Melodien zum Volksliedgut werden zu lassen, komponierte rein aus Liebhaberei - und das aus Überzeugung. Der von Kollegen scherzhaft genannte "Ministerial-Komponist" war im Brotberuf Sektionsrat im Ministerium für Kultus und Unterricht, hatte aber eine profunde musikalische Ausbildung.

Er war Sängerknabe in der Hofkapelle und nahm in seiner Gymnasialzeit und während des Jus-Studiums Kompositionsunterricht beim renommierten Simon Sechter, Lehrer unter anderem von Anton Bruckner und Franz Schubert. Dennoch blieb die Musik für Zeller, der auch ein ausgezeichneter Geiger und Pianist war, Freizeitvergnügen. Zahlreiche Chorwerke und zwei Liederspiele, zwei Opern und Operetten komponierte Zeller, bis er 1891, knapp 50-jährig, mit dem "Vogelhändler" seinen Durchbruch feierte.

Die Uraufführung am Theater an der Wien mit dem legendären Alexander Girardi in der Titelrolle war ein Triumph, dem 184 En-Suite-Vorstellungen folgten. Der besagte Kritiker schwärmte von den "zahlreichen anmutigen Piecen", darunter wahre Hits wie "Ich bin die Christel von der Post" und das schmachtende "Schenkt man sich Rosen in Tirol".

Intrigante Gesellschaft

Ein ganz schön korruptes Völkchen trifft da im kurfürstlichen Jagdrevier in der Rheinlandpfalz zusammen. Wenn man etwas will, muss man etwas springen lassen (mindestens eine kleine, wertvolle Amsel) oder dem Kurfürsten ein bisschen schöne Augen machen. Strategien, derer sich sogar Adam und seine Christel aus Tirol bedienen.

Die Intriganten, Baron Weps und sein verschuldeter Neffe Graf Stanislaus, sind zwar nicht ganz unsympathisch, aber brisanterweise Adelige. Über die Ehe des Kurfürstenpaares wird - ganz offen - so manches gemunkelt, und im ganzen Stück wird über Standesgrenzen hinaus kreuz und quer angebandelt. Rundherum bereichert man sich am Wildschweinbestand des Landesvaters und nicht einmal eine Ehrenjungfrau kann man dem Kurfürsten als Entschädigung anbieten, denn Jungfrauen "gibt's in der Gemeinde leider nur ganz kleine".

Ein bisschen desolat also kommt diese Gesellschaft daher, und es ist kein Wunder, dass Zeller und seine Librettisten Moritz West und Ludwig Held die Handlung sicherheitshalber in die ferne Rheinpfalz verlegt haben, hätte doch der zweifelhafte Lebenswandel der Adligen mutmaßlich das Missfallen des Wiener Hofs erregt.

Neue Inszenierung

Regie in der nunmehr achten Inszenierung des "Vogelhändler" an der Volksoper Wien führt der österreichische Regisseur und Intendant des Grazer Kinder- und Jugendtheaters Next Liberty, Michael Schilhan. Die musikalische Leitung liegt in den Händen von Henrik Nánási, der erstmals eine Premiere am Haus dirigiert. Publikumsliebling Daniel Prohaska singt die Titelrolle, seine Briefchristel ist Andrea Bogner und Birgid Steinberger schenkt als Kurfürstin Rosen in Tirol.

Veranstaltungs-Tipp
Carl Zeller, "Der Vogelhändler", ab 8. September 2009, Volksoper Wien,
Ö1 Club-Mitglieder bekommen ermäßigten Eintritt (zehn Prozent).

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