"Alles über meine Mutter" im Volkstheater

Hymne auf die Frauen

Pedro Almodovars berührender Film "Alles über meine Mutter" wurde von Samuel Adamson als Theaterstück adaptiert. Das Volkstheater zeigt das Stück nun in deutschsprachiger Erstaufführung. In der Rolle der Mutter ist Ulli Maier zu sehen.

Als "Hommage an das Kino Hollywoods, eine Suche nach Familie und Zuneigung, ein Drama um Mutterschaft, Begehren, Liebe und Tod und eine Hymne auf die Frauen" kündigt das Volkstheater die deutschsprachige Erstaufführung der Bühnenversion von Pedro Almodovars Oscar-prämiertem Streifen "Alles über meine Mutter" (1999) am 11. September 2009 an.

"Volksregisseur" Almodovar

Antoine Uitdehaag, der in der Vergangenheit mit "Wer hat Angst vor Virginia Woolf" und Yasmina Rezas "Ein spanisches Stück" überzeugen konnte, führt Regie. Doch ist der Stoff rund um eine Mutter, die ihren Sohn verliert und daraufhin in ihre von Transsexuellen geprägte Vergangenheit abtaucht, der ideale Stoff für das Volkstheater? Uitdehaag bejaht dies im APA-Gespräch eindeutig.

"Almodovar ist absolut ein Volksregisseur, um es wörtlich zu sagen. Er macht Filme mit großen Gefühlen. Das sind ganz skurrile Alltagsgeschichten mit merkwürdigen Typen. Ja, ich würde sagen, das ist Volkstheater", so der erfolgreiche niederländische Regisseur, der voll des Lobs für die gelungene Bühnenfassung von Samuel Adamson ist: "Almodovar hat Adamson beim Schreiben über die Schulter geschaut, aber es ist trotzdem ein eigenständiges Theaterstück geworden und nicht einfach eine Bühnenfassung von Almodovars Film." Dennoch erfordere die Adaption für die Bühne einiges an Abstraktion und ein anspruchsvolles Bühnenbild.

Spannende Herausforderung

"Das Stück hat viele Schauplätze, 'Alles über meine Mutter' ist ein 35-Szenen-Stück", so Uitdehaag, der "ziemlich direkt ja gesagt" hat, als Direktor Michael Schottenberg mit der Anfrage kam, ob er die deutschsprachige Erstaufführung inszenieren wolle. Schließlich ist Uitdehaag ein "großer Fan" und fand es deshalb "extra spannend und herausfordernd, so etwas zu versuchen".

Allerdings komme man da "nicht mit einem Bühnenbild davon. Aber wir werden nicht ganz naturalistisch jede Situation illustrieren. Wir haben ein Bühnenbild, das es möglich macht, verschiedene Blickwinkel zu erzeugen. Es ist eine komplizierte Sache, weil man es trotzdem fast wie einen Film montieren muss."

Kein Blatt vor dem Mund

Kurz zum Inhalt: Nach dem unerwarteten Tod ihres 18-jährigen Sohnes Esteban (Simon Mantei) macht sich Manuela (Ulli Maier) in Barcelona auf die Suche nach dessen Vater, der nie erfuhr, dass er ein Kind hatte. Doch bevor sie durch diese Konfrontation möglicherweise mit der Vergangenheit abschließen kann, treten drei Frauen in ihr Leben: Die Transsexuelle Agrado (Marcello de Nardo), die berühmte Schauspielerin Huma Rojo (Maria Bill), die von Esteban vergöttert wurde, und die junge, schwangere Nonne Rosa (Andrea Bröderbauer). Nach dem Tod von Rosa kann Manuela dem transsexuellen Kindsvater Lola (Günter Franzmeier) endlich von dem gemeinsamen Sohn erzählen.

Dass das Publikum von der doch recht unüblichen Thematik und der teils deftigen Sprache schockiert sein könnte, sieht Uitdehaag entspannt: "Almodovar schreibt in 'Alles über meine Mutter' über Transsexuelle und nimmt auch sprachlich kein Blatt vor den Mund. Andererseits hat es so viel Seele, dass man einiges akzeptiert bei Almodovar", so der Regisseur. "Er zeigt immer Menschen, es ist niemals provokativ, um provokativ zu sein. Natürlich gibt es in den Milieus, die er zeigt, auch manchmal etwas, das vielleicht manche Leute nicht hören oder sehen mögen."

Menschen, Meinungen und Gefühle

Das Schicksal einer Mutter, die ihr Kind verliert, treffe ihn selbst sehr, "auch immer noch während der Proben." Was ihn an dem Stoff begeistert, ist die Kraft der Mutter Manuela. "Wenn man sieht, wie jemand versucht, trotz allem weiterzuleben, mit aller furchtbaren Trauer, das ist ein unglaublich berührendes Schicksal."

Klar sei die Figur der Manuela "keine Heilige, nicht die allwissende Mutter, sie macht Fehler, aber sie kämpft, sie sucht und ist tapfer, sie hat ihre Schwächen, sie ist ein Mensch", so Uitdehaag, der in dem Stück auch aktuelle Bezüge zum gegenwärtigen Rechtsruck und der damit verbundenen "Angst vor Veränderung und Fremdheit" in vielen europäischen Ländern ortet: "Eine große Rolle in dem Stück spielt ein Transvestit. Das ist eine Welt, die die meisten von uns fast nicht kennen. Wo man erst einmal denkt, dass man nicht zu viel darüber wissen will. Aber wenn man sieht, wie Almodovar diese Figur einführt, wie man sie mit ihren merkwürdigen Ecken und Kanten kennenlernt, merkt man, dass es ein wunderbarer Mensch ist. Das Stück ist interessant, weil es sich offen zeigt für andere Menschen, Meinungen und Gefühle. Almodovar lehrt uns, dass die Liebe das Wichtigste ist."

Veranstaltungs-Tipp
Samuel Adamson, "Alles über meine Mutter" ("Todo sobre mi madre"), nach dem gleichnamigen Film von Pedro Almodóvar, deutschsprachige Erstaufführung, ab 11. September 2009, Volkstheater,
Ö1 Club-Mitglieder bekommen ermäßigten Eintritt (zehn Prozent).

Link
Volkstheater