Große Retrospektive im Filmmuseum
Filmfarben
Eine Schau im Wiener Filmmuseum beleuchtet das Thema der Farbe im Film in all seinen Facetten aufarbeitet. Wer glaubt, diese Ausstellung bewegter Bilder setze erst mit der Erfindung des Farbfilms ein, der irrt. Über 100 Jahre kann man die Farbgebung im Film zurückverfolgen.
8. April 2017, 21:58
Kultur aktuell 09.04.2010
Wenn Gene Kelly mit Leslie Caron durch Paris tanzt, dann leuchtet die französische Metropole der Liebe in allen Farben. "Ein Amerikaner in Paris" ist nur einer von 35 Spielfilmen, die im Wiener Filmmuseum anlässlich der Schau "Filmfarben" gezeigt werden. Eröffnet wird mit der von Martin Scorsese angeregten restaurierten Fassung des Filmklassikers "Die roten Schuhe".
Aufwändige Prozesse der Farbgebung
Wie wenig man allgemein über die Funktion der Farbe in der Filmgeschichte weiß, wie unterschiedlich ihr Einsatz war und ist, das hat Filmmuseumsdirektor Alexander Horvath schon immer interessiert. Wenn man mit anderen redet, kämen viele Farbfilm-Erinnerungen zutage, sagt Horvath. "Dem steht ein Mangel an kritischer Auseinandersetzung gegenüber, ein gewisser Mangel an Wissen, zum Beispiel über das Faktum, dass der Film von Anfang an farbig war." Mit den unterschiedlichsten Techniken seien Filme schon ab 1897 gefärbt worden, so Horvath. Und auch von diesen frühen Beispielen zeigt man im Filmmuseum einiges unter dem Motto "Die frühe Fülle der Farben".
"Ob handkoloriert, ob schablonenkoloriert", mit absurden Prozessen hätten sich Erfinder ausgetobt, meint Horvath. Bei der Handkoloration "wird Bild für Bild, 24 Bilder in der Sekunde oder damals 16 Bilder in der Sekunde, oft in mehreren Farben bemalt", erklärt Horvath. Erst die Firma Technicolor habe es geschafft, die Farbgebung überzeugend z verbessern. "Von den 30er bis in die 50er Jahre waren die dominant", so Horvath. Aus dieser Zeit stammen auch viele Filme.
In den 1930er Jahren wurde in Nazideutschland aber auch das Agfacolor-Verfahren entwickelt, erzählt Horvath. Agfacolor sei bis heute der dominante Farbprozess, durch die digitale Technik ergäben sich aber ganz neue Möglichkeiten.
Auch andere neue filmische Farbexperimente am Computer zeigt das Filmmuseum, aber zurück zur Anfangszeit von Agfacolor: Im Filmmuseum in Wien kann man da zum Beispiel auch Veit Harlans Film "Opfergang" sehen, der selten gezeigt wird, mit Kristina Söderbaum. Auf ihn bezieht sich dann wieder Rainer Werner Faßbinders "Lola" mit Barbara Sukowa.
"Leitfigur" Frieda Grafe
Viele funkelnde Edelsteine kann man in der Farbschau des Wiener Filmmuseums auffinden, sogar eine veritable Filmpremiere, nämlich von Alain Renais' neuestem amüsanten Film "Les herbes folles" also "Bunte Blätter", der noch nicht einmal in den Kinos angelaufen ist.
"Ich glaube, es ist eine ganz gute Mischung gelungen aus großen Klassikern und einer Gruppe von viel weniger bekannten Filmen", so Horvath. "Wir haben uns deshalb die deutsche Kritikerin Frieda Grafe, die vor einigen Jahren gestorben ist, als Leitfigur für diese Schau und diese Auswahl gewählt, weil sie als eine der wenigen wirklich substanziell über Farbe im Kino geschrieben hat." Deswegen lautet der Untertitel zur Schau "Filmfarben" auch "Hommage an Frieda Grafe". Klaus Theweleit, der bekannte deutsche Kulturpublizist, wird ihr zu Ehren im Wiener Filmmuseum auch einen Vortrag halten.
Textfassung: Ruth Halle
Service
Retrospektive "Filmfarben", 9. April bis 7. Mai 2010, Österreichisches Filmmuseum
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