Zehn Jahre CDU-Chefin

Angela Merkel ohne Alternative

Vor zehn Jahren haben sich die deutschen Christdemokraten einen radikalen Neubeginn verordnet. Am 10. April 2000 haben die CDU-Delegierten in der Gruga Halle in Essen die damalige Generalsekretärin Angela Merkel zur Nummer eins gewählt. Mittlerweile ist Merkel seit bald fünf Jahren Bundeskanzlerin und sie hat die Partei wie kaum einer vor ihr verändert.

Morgenjournal 10.04.2010

Geringe Erwartungen

Nicht wenige der professionellen Politbeobachter haben sich damals die Frage gestellt, wie schlecht es der sehr westlich und konservativ geprägten CDU gehen muss, wenn sie eine 45 Jahre alte Frau aus der ehemaligen DDR an die Spitze hievt. Nach der festen Meinung der männerdominierten CDU Spitze sollte ihr Dasein auf dem CDU-Chefposten ein kurzes sein.

Merkel krempelt die Ärmel auf

Im Zuge des Spendenskandals hatte Angela Merkel mit ihrem Mentor Helmut Kohl gebrochen. Dessen Nachfolger Wolfgang Schäuble war nach einer Falschauskunft über eine Parteienspende nicht mehr zu halten. Die Herrenriege hat sich das lieber aus der Ferne angesehen, sie wollte sich die Hände nicht schmutzig machen oder war zu stark mit dem System Kohl verbunden. Merkel hat hingegen die Ärmel aufgekrempelt. Nach ein paar Regionalkonferenzen hat der Parteitag die schüchtern wirkende Frau nach einer glanzlosen Rede mit 95,94 Prozent gewählt.

Immer wieder wackelt Merkel

Merkel versucht, die CDU breiter und offener auszurichten, etwa in der Familien und Bildungspolitik. Den ideologiegesteuerten Männern mit dem ausgeprägten Freund-Feind-Denken im Westen und Süden der Republik geht das zu weit. Merkel rettet sich, indem sie im Wahlkampf 2002 CSU-Chef Edmund Stoiber den Vortritt lässt. Drei Jahre später tritt sie selbst für die Union an. Mit radikalen Reformvorschlägen bringt sie den scheinbar uneinholbaren Vorsprung gegenüber rot-grün gerade noch ins Ziel. Wieder wackelt Merkel.

Indirekte SPD-Hilfe

Dass sie bleiben kann, hat sie auch dem damaligen Bundeskanzler und SPD-Spitzenkandidaten Gerhard Schröder zu verdanken. In einer Fernsehdiskussion am Wahlabend sagt Schröder: "Glauben Sie im Ernst, dass meine Partei auf ein Gesprächsangebot bei dieser Sachlage einginge, in dem sie sagt, sie möchte Bundeskanzlerin werden?" Nach diesem TV-Auftritt müssen sich selbst die härtesten Kritiker geschlossen hinter die Parteichefin stellen. Auch Schröder nimmt sich wie mancher Parteifreund Merkels aus dem Rennen oder zeigt zu früh Nerven.

Führung ohne Pathos

Mit der Wahl zur Regierungschefin im November 2005 ändert sie ihren Stil. Je mehr Angela Merkel in der großen Koalition Kanzlerin ist, desto weniger eckig und programmatisch wird die CDU. Regierung und Partei führt sie ruhig, geduldig, selbstbewusst und ohne Pathos nicht von vorn, sondern von hinten. Sie zählt nicht zur Gattung aufopfernder Teamspieler mit der Kapitänsschleife, sie versteht die Partei nicht als politisch geistige Kampftruppe.

CDU als "Volkspartei"

Leidenschaftliche Debatten finden nicht statt, nahezu geräuschlos hat sie mit wenigen, höchst loyalen Mitarbeitern Kernbereiche der politischen Konkurrenz zu Themen der Christdemokraten gemacht. Die möchte die CDU "als Volkspartei weiterentwickeln", sagt Merkel, und dazu sei es notwendig, auf verschiedene Positionen einzugehen.

Keine Alternative zu Merkel

Für Merkel ist die Partei liberal, konservativ und christlich-sozial zugleich. Das Verhältnis mischt sie immer wieder neu und tut was sie für richtig hält. Auch deswegen herrscht zwischen der Vorsitzenden und der Partei eine eher distanzierte Beziehung. Angela Merkel wird, wie von vielen Deutschen, geschätzt aber nicht geliebt. Das reicht ihr, um im höchsten Parteiamt zu bleiben. Und sie weiß, dass es derzeit zur ihr keine Alternative für die CDU Spitze gibt, die den Christdemokraten die Macht sichert.