Österreichische EUFOR-Soldaten in Bosnien

Mission ohne Ende?

Die österreichische Landesverteidigung kommt derzeit nicht aus den negativen Schlagzeilen. Völlig unbeachtet bleibt dabei, dass das Bundesheer im heiklen Wahljahr 2010 eine zentrale Rolle in der EUFOR-Mission in Bosnien-Herzegowina übernommen hat.

Journal-Panorama, 12.04.2010

Politikwissenschafter Vedran Dzihic über den Bewegungsspielraum der EUFOR

Seit Dezember vergangenen Jahres ist der Österreicher Bernhard Bair Kommandant der EUFOR in Bosnien-Herzegowina. Er übernimmt den Befehl über die rund 2.500 Soldaten im heiklen Wahljahr 2010, in dem durchaus mit ethnischen Spannungen zu rechnen ist. Ebenfalls im Dezember genehmigte der Ministerrat eine Aufstockung des österreichischen Kontingents von derzeit 150 auf bis zu 190 "Mann".

Ob mehr österreichische Soldaten entsandt werden und in welchen Teil der Mission ist jedoch nach wie vor unklar. Für Vedran Dzihic, Politikwissenschaftler an der Universität Wien, ist jedoch die Frage der Truppenstärke zweitrangig. Wichtig sei es, dass die EUFOR auf mögliche Zwischenfälle gut vorbereitet sei und dass es nicht wie bei der im Kosovo stationierten K-FOR im März 2004 rund zwanzig Tote gäbe. Ein derartiges Versagen könnte auch die grundsätzlich positive Stimmung gegenüber der EUFOR im Land schlagartig umkehren.

Worte statt Waffen

40 Österreicher arbeiten derzeit in so genannten Liaision-and-Observation-Teams (LOTs). Jeweils vier Offiziere und vier Unteroffiziere leben dabei in einem privat angemieteten, so genannten LOT-Haus. Ihre Aufgabe ist es, sich durch tägliche Gespräche mit lokalen Politikern, NGOs und der Bevölkerung ein Bild der Lage zu machen und diese Berichte an das EUFOR-Hauptquartier in Camp Butmir nahe Sarajevo zu schicken.

Die Waffen bleiben dabei im Schrank, die Soldaten verstehen sich als Informationsmanager und schalten sich oft auch in lokalen Konflikten vermittelnd ein. 36 weitere Soldaten und übrigens auch vier Soldatinnen sind im Austrian National Element für die Versorgung des österreichischen Kontingents zuständig, von dem sie selbst ein knappes Drittel darstellen. Der Rest der insgesamt 150 Soldaten arbeitet im EUFOR-Hauptquartier Camp Butmir, viele von ihnen im Rahmen des österreichischen Kommandos.

Fragt man EUFOR-Kommandant Bernhard Bair über seine Vorhaben und Strategien für das Jahr 2010, so bekommt man die wenig befriedigende Antwort, er werde die EUFOR-Mission erfolgreich fortführen. Diese Antwort ist bezeichnend für die derzeitige Situation: Man kann von der EUFOR keine Strategie erwarten, welche selbst die internationale Staatengemeinschaft für das Land nicht hat.

Keine Bosnien-Strategie vorhanden?

Dies kritisiert der Politologe Vedran Dzihic auch in seiner aktuellen Publikation "Ethnopolitik und Bosnien-Herzegowina: Staat und Gesellschaft in der Krise". Seit dem Friedensvertrag von Dayton habe die internationale Gemeinschaft, die Bosnien einst zum Prestigeobjekt einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik erklärt hat, keine Strategie mehr für dieses Land in Apathie, Frustration und mit Misstrauen in die politischen Eliten, so der gebürtige Bosnier.

Wo sich die EUFOR bereits zurückgezogen hat, wird sie auch schon vermisst. So wünscht sich etwa der bosnische Serbe Vlado Bjelanovic die EUFOR in sein Dorf Vlasenica, das in der serbisch dominierten Repubika Srpska liegt, zurück, selbst wenn die Republica Srpska generell als eher EUFOR- und NATO-kritisch gilt.

Für Bjelanovic wäre ein Liaision-and-Observation-Team ein wichtiger Impuls für kommunale Entwicklungen. Tatsächlich scheint immer wieder ein Impuls von außen erforderlich, um das tägliche Hickhack zwischen Bosniaken, Kroaten und Serben zu überwinden, um zu Lösungen im Sinne aller beizutragen. Angesichts dieser Situation scheint ein Ende der EUFOR-Mission in Bosnien allerdings nicht wirklich in Sicht.

Service

Buch, Vedran Dzihic, "Ethnopolitik in Bosnien-Herzegowina: Staat und Gesellschaft in der Krise, Nomos-Verlag