Das Schicksal verfemter Kunstwerke
Online-Datenbank "Entartete Kunst"
Berliner Kunsthistoriker bieten ab Dienstag, 20. April 2010 eine neue Datenquelle im Internet an. Es geht um die sogenannte "Entartete Kunst", um Werke von Künstlern, die in der Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland verfolgt wurden.
8. April 2017, 21:58
Kultur aktuell, 20.04.2010
Einige der wichtigsten Künstler des 20. Jahrhunderts sind darunter - man denke nur an Emil Nolde, Marc Chagall und Oskar Kokoschka.
Nun findet man online ein Verzeichnis der Werke, die damals aus öffentlichen Sammlungen entfernt wurden. Ihr weiterer Weg lässt sich, falls bekannt, bis heute verfolgen.
Künstler wurden verfolgt
Es war ein Kampfbegriff, sozusagen das Totschlagargument der Nationalsozialisten gegen alles, was sie in der Kunstwelt als ihrer Linie unziemlich verdammten: Entartete Kunst, Kunst, die der verhinderte Kunstmaler Adolf Hitler ganz eindeutig ins Reich des Abartigen verwies.
Den Führerworten folgten bald praktische Konsequenzen. Künstler, die dem Regime missliebig waren, wurden verfolgt bis hin zur Vernichtung im KZ, mit Berufsverbot belegt, ihre Werke der öffentlichen Ächtung anheimgestellt. Adolf Ziegler, Präsident der Reichskunstkammer, trieb die Künstlerverfolgung voran.
Säuberung von Kunstsammlungen
Es folgte die Säuberung von Kunstsammlungen, das Entfernen der sogenannten entarteten Kunst aus deutschen Museen. Rund 20.000 Werke wurden eingezogen. Eine Ausstellung in München, auf bewusst abschreckende Wirkung hin konzipiert, wurde damit noch veranstaltet, sie war danach auch in Wien und Salzburg zu sehen.
Die Nationalsozialisten wussten, dass die von ihnen verachtete Kunst anderswo auf der Welt weiter gefragt blieb. Wichtige Werke wurden über den internationalen Kunsthandel zu Geld gemacht, andere zur Vernichtung bestimmt.
Was wurde aus einzelnen Werken der sogenannten entarteten Kunst? Am 21. April wird im Internet ein neuer Suchweg nach Künstlern, ihren Bildern und deren Schicksalen freigeschaltet.
"Zu unserer Startseite: Wir haben einen Ausschnitt aus dem berühmten Gemälde von Franz Marc 'Der Turm der blauen Pferde' gewählt", erzählt die Kunsthistorikerin Meike Hoffmann, die das Projekt der Datenbank zur Entarteten Kunst an der Freien Universität Berlin betreut. "Es war vorher hier an der Berliner Nationalgalerie und es gilt bis heute als verschollen."
50 Werke lokalisiert
Nach Namen der Künstlern, nach Werken und nach einer Fülle anderer Kriterien kann gesucht werden, auch nach einem berühmten und in Deutschland meist eigenartig ausgesprochen Österreicher: Oskar Kokoschka.
Über die Datenbank lassen sich jetzt auch Kunstwerke aufspüren, die es nach dem Willen der Nazi- Machthaber nicht mehr geben dürfte. Rund 50 Werke, die offiziell als vernichtet galten, wurden von den Berliner Forschern als erhalten lokalisiert. Die Annahme liegt nahe, dass der Befehl zur Vernichtung nicht restlos befolgt wurde und so die offiziell entartete doch noch zu im Verborgenen erhaltenswerter Kunst mutieren konnte.
Service
Datenbank "Entartete Kunst - freigeschaltet ab 21. April 2010
Freie Universität Berlin - Forschungsstelle "Entartete Kunst"