Rechtsanwälte sorgen sich um Grundrechte

Boom bei Terrorcamps - Gesetz umstritten

Die Teilnahme an Terrorcamps ist in Österreich derzeit nicht strafbar. Mit dem geplanten neuen Terrorpräventionsgesetz sollen solche Reisen künftig unter Strafe gestellt werden. Das Gesetz selbst ist dennoch umstritten. Die Rechtsanwälte warnen vor einer Gefahr für die Grundrechte.

Boom bei Terrorcamps

Dutzende Österreicher ließen sich in Terrorcamps ausbilden - mit dieser Aussage ließ der oberste Verfassungsschützer Peter Gridling bei der gestrigen Präsentation des Verfassungsschutzberichtes aufhorchen. Allein heuer habe es so viele derartige Reisen gegeben wie in den vergangenen vier Jahren zusammen.

Strafe für "Gutheißung"

Bis jetzt ist in Österreich die Teilnahme an Terrorcamps nicht verboten. Das soll sich nun ändern: Das geplante Terror-Präventionsgesetz sieht vor, dass man sich strafbar macht, wenn man sich in einem Terrorcamp ausbilden lässt. Auch sogenannte Hasspredigten sollen künftig schärfer geahndet werden, konkret: die Aufforderung zu terroristischen Taten oder deren "Gutheißung".

"Meinungsfreiheit bedroht"

Genau dieser Punkt wird aber von der Rechtsanwaltskammer kritisiert: Demnach sei künftig der zu bestrafen, der eine terroristische Straftat in einer Art gutheißt, "die geeignet ist, das allgemeine Rechtsempfinden zu empören", so die Rechtsanwälte. Das sei eine sehr ungenaue Definition und daher rechtsstaatlich bedenklich, weil damit das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung bedroht ist.

"Verhältnismäßigkeit nicht hinreichend beachtet"

Josef Weixelbaum, Vizepräsident des österreichischen Rechtsanwaltskammertages, im Morgenjournal-Gespräch mit

"Staat muss Grundrechte beachten"

Das Terrorismuspräventionsgesetz sei notwendig, sagt Josef Weixelbaum, Vizepräsident des österreichischen Rechtsanwaltskammertages. Gegen die Teilnahme an Terrorcamps gebe das neue Gesetz ausreichend Handhabe. Der Staat habe dabei aber die Grundrechte zu beachten, darauf werde auch im EU-Richtlinienbeschluss hingewiesen. Die Formulierung "Aufforderung" zu terroristischen Handlungen wäre klar genug, "Gutheißen" sei aber ein zu unbestimmter Begriff. Das neue Gesetz werde zwar das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung stärken, aber der Staat habe "bei der Regelung des Zusammenlebens von Menschen nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vorzugehen. Und der scheint in einigen Passagen dieses Gesetzes nicht hinreichend beachtet", so Weixelbaum.

Gegen unliebsame Proteste?

Auch Amnesty International kritisiert den Gesetzesentwurf: Es bestehe die Gefahr, dass die Anti-Terrorgesetze gegen unliebsame Proteste aller Art angewandt werden könnten. Im Justizministerium teilt man diese Befürchtungen nicht.

Rekrutierung via Internet

Die meisten Teilnehmer an Terrorcamps sind jünger als 25 Jahre. Die Kontaktaufnahme erfolgt via Internet. Hier finde man online Trainingsanleitungen, Handbücher und eine Kommunikationsplattform, wo sich interessierte Personen über Themen, Ausbildung und persönliche Erfahrungen austauschen können, heißt es im verfassungsschutzbericht. Die Reisen in Terror-Trainingscamps hätten jedenfalls stark zugenommen, organisiert würden diese Touren nahezu immer mit Unterstützung von terrornahen Personen, sagt Peter Gridling, Direktor des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung. Die Reise werde oft als religiöse Ausbildung in Ägypten oder Syrien getarnt. Dort verliere sich aber die Spur. Nur durch Hinweise sei herauszufinden, dass sich ein Personenkreis in einem Terrorcamp zusammengefunden hat.

Morgenjournal 27.04.2010