Schnitzler in der Josefstadt

Das weite Land

Arthur Schnitzlers Stücke verhandeln meist zeitlose Themen und sind doch in der Wiener Kultur des Fin-de-siècle fest verankert. Am 13. Mai 2010 feiert eine Inszenierung von Schnitzlers "Das weite Land" am Theater in der Josefstadt Premiere.

Mittagsjournal, 10.05.2010

Fabrikant Friedrich Hofreiter ist erfolgreich im Geschäft und bei der Damenwelt. Sportlich und vital. Ein Mann in den besten Jahren und mitten in der Midlife-Crisis. Josefstadtintendant Herbert Föttinger verkörpert die Figur des Friedrich Hofreiter mit der nötigen Lässigkeit und einer Portion Charme.

Hinter der kultivierten Konversation des Schnitzlerschen Figurenuniversums tun sich freilich Abgründe auf. Der Ehemann nimmt es mit der Treue nicht so genau. Die Frau, dargestellt von Sandra Cervik, flüchtet vor der ehelichen Entfremdung in eine Liebschaft mit einem Jüngeren. Sie empfiehlt ihrem Freund Doktor Mauer, die Liebe als Spiel aufzufassen.

Szenen einer Ehe am Vorabend des Weltenbrands

Es sind Szene einer Ehe und Szenen einer untergehenden großbürgerlichen Gesellschaft. Am Vorabend des Ersten Weltkriegs verfasst, zeigt das "Weite Land" eine Gesellschaft in der Krise, die sich zwischen Tennispartie und Bergtour mit der eigenen Befindlichkeit beschäftigt.

Trotz denkbarer Parallelen zum aktuellen Zeitgeschehen, will Regisseur Josef Ernst Köpplinger seine Inszenierung nicht vordergründig aktualisieren. Eher schon sucht Köpplinger nach der zeitlose Gültigkeit des Textes:

"Wenn man das Stück liest, entdeckt man, dass es eine zeitlos, fulminant geschriebene Geschichte ist. Eine Tragikomödie, die zeigt, wie verlogen die Gesellschaft ist. Die Gesellschaft ist – gerade wenn es um Moralbegriffe geht oder den Umgang mit Konventionen – genauso befangen, verlogen und unehrlich wie vor 100 Jahren", sagt Josef Ernst Köpplinger.

Die Lebenslüge der Gesellschaft

Josef Ernst Köpplinger konzentriert sich in seiner Interpretation ganz auf das Psychogramm der Protagonisten. Mit diesem Regiekonzept korrespondiert eine karge, fast leer gefegte Bühne, ein Klavier, wenig Dekor und Kostüme, die auf historische Anspielungen weitgehend verzichten.

In diesem fast geschichtslosen Raum wirken die Akteure so, als wären sie auf sich selbst zurückgeworfen. Reduziert auf das Menschsein. Und dieses bleibt auch rund 80 Jahre nach dem Tod des literarischen Menschenkenners Arthur Schnitzler unergründlich. Denn, so der wohl berühmteste Satz des Stücks: Die Seele ist ein weites Land.

Service

Arthur Schnitzler, "Das weiter Land", ab 13. Mai 2010, Theater in der Josefstadt

Theater in der Josefstadt