Feinde im Kartell vereint

Schlag gegen "Gemüse-Mafia"

Der italienischen Polizei ist ein Schlag gegen die Gemüse-Mafia in Süditalien gelungen. Die Mafia kontrolliert den Handel von Obst und Gemüse und hält die Preise hoch. Bei einer großangelegten Razzia wurden jetzt Dutzende Personen verhaftet. Dabei hat sich herausgestellt, dass selbst verfeindete Mafia-Familien im Gemüsegeschäft kooperieren.

Morgenjournal 14.05.2010

Mafia macht die Preise

Wenn sich Italien zu Tisch begibt, ist stets ein unsichtbarer, ungebetener Gast dabei: die Mafia. Vor allem nascht sie mit, wenn Obst und Gemüse serviert werden. In Zentral- und Süditalien bestimmt nur die Mafia, wie viel Paradeiser oder Orangen kosten dürfen - und sonst niemand. Und der Preis ist viel zu hoch, weiß auch Antonio Girone von der Anti-Mafia-Einheit in Neapel: "Ohne Zweifel, es ist uns in einigen Fällen gelungen nachzuweisen, wie sich der Preis von Obst und Gemüse um mehr als 200 Prozent erhöht hat vom Anbau bis zum Verkauf."

Illegales Kartell

Die ungeheuren Gewinnspannen werden einfach festgesetzt - unter Ehrenmännern versteht sich. Man kann das Ganze auch illegale Kartellbildung nennen. Auf den Großmärkten sind die kriminellen Unterhändler längst unter sich. Sie haben es auch gar nicht nötig, ihre Pistolen gegen die Gartenkralle einzutauschen, sie machen sich nur im sprichwörtlichen Sinn die Hände schmutzig. Obst- und Gemüsebauern müssen den Mafia-Preis für ihre Ware zähneknirschend akzeptieren, wenn sie nicht auf ihrer Ware sitzenbleiben wollen, sagt Staatsanwalt Cesare Sirignano: "Die Mafia kontrolliert den Transport, bestimmt den Preis der Produkte und beherrscht damit diesen Teil der Wirtschaft über den Preis."

Schmier- und Schutzgeld

Lebensmittelkontrolleure werden bestochen, wenn die Qualität oder die Herkunft der Ware nicht den Vorschriften entspricht. Zertifikate für biologischen Landbau? Alles zu haben - mit etwas Nachdruck und ein bisschen Schmiergeld. Und den Transport übernehmen nur Speditionen, die bereit sind, mit der Mafia zusammen zu arbeiten - Schutzgeld inklusive.

70 Festnahmen

Eines dieser kriminellen Netzwerke hat die Polizei jetzt zerschlagen. 70 Verdächtige sind festgenommen worden, darunter auch ein prominenter Name: Paolo Schiavone, eine Neffe des berüchtigten Mafia-Bosses Francesco Schiavone, genannt Sandokan. Für den Gemüse-Gangster Schiavone endeten damit die Flitterwochen hinter Gitter.

Granaten unter Karotten

Aber auch die Gemüse-Mafia scheint ihre angestammte Profession nicht zu vergessen. Bei der jüngsten Groß-Razzia entdeckte die Polizei unter Karotten und Zucchini noch andere - gefährlichere Früchte: Handgranaten und Minen. Dazu noch automatische Waffen und Raketenwerfer. Bestimmungsort: Balkan. Diese Ware könnte - finanziell gesehen - sogar noch mehr Früchte tragen als der Gemüsehandel.