Nobelpreisidee: Kredite für Arme

"Social business" für Osteuropa

Er hat eine Bank für die Armen geschaffen und dafür den Nobelpreis erhalten: der Wirtschaftsprofessor Muhammad Yunus aus Bangladesch. Mit seiner Idee hat er Millionen von Menschen in Bangladesch zu einem Kredit und damit zu einer Zukunft verholfen. Jetzt setzt sich Yunus dafür ein, dass auch in Zentral- und Osteuropa ähnliche Sozialprojekte entstehen.

Morgenjournal 14.05.2010

Fast alle zahlen zurück

Kredite für arme Menschen, damit sie sich mit einem kleinen Unternehmen selbständig machen können - das ist die Grundidee, die Muhammad Yunus in seiner Heimat Bangladesch umgesetzt hat. Über acht Millionen Menschen haben von seiner "Grameen-Bank", übersetzt "Die Bank auf dem Land", schon einen Kredit erhalten. Und zwar Menschen, die von einer normalen Bank nie einen Kredit bekommen hätten, weil sie zum Beispiel keine Sicherheiten vorzuweisen haben. Die meisten seiner Kunden sind Frauen, und sie zahlen fast alle Kredite zurück, sagt der 69-jährige Mohammad Yunus.

Vertrauen und Netzwerke

"Das Geheimnis ist einfach. Zwischen den Bankangestellten und den Bankkunden besteht ein sehr enges Vertrauensverhältnis. Und es geht auch sehr stark um Netzwerke. Wenn jemand zu uns kommt und einen Kredit will, dann sagen wir, such dir vier andere Leute, die in derselben Situation sind, und wir kommen ins Geschäft. Jeder einzelne ist dann zwar immer noch für seinen eigenen Kredit selbst verantwortlich, aber es funktioniert so einfach besser."

Werbetour in Osteuropa

Seine Bank ist das, was man ein "social business" nennt. Also eine Geschäftsidee, die nicht den maximalen Gewinn, sondern den maximalen Nutzen für die Menschen anstrebt. Ähnliche Projekte unterstützt Yunus jetzt auch in Osteuropa. Mit einer Werbetour in Städten wie Budapest, Bukarest und Belgrad will er Menschen dazu bringen, seine Idee aufzugreifen, und ebenfalls ein "social business" zu gründen.

Auch in New York

Seine Idee von Kleinstkrediten an arme oder arbeitslose Menschen ist auch schon in den USA, zuletzt in New York erfolgreich umgesetzt worden: "In New York zum Beispiel verwenden die Menschen den Kredit dazu, um zum Beispiel einen Friseursalon aufzumachen, oder eine Bäckerei, oder eine Tagesstätte für Kinder. Sie nutzen das geborgte Geld also dazu, um ihr eigenes Geld zu verdienen."

Erste als Sponsor

Hauptsponsor der Initiative in Zentral- und Osteuropa ist die Stiftung der Erste Bank. Wie ein europäisches "social business" aussehen kann, hat sie schon mit einem eigenen Projekt vorgezeigt. Es heißt good.bee, und stellt armen Menschen, ähnlich wie die Bank von Mohammad Yunus, Kleinstkredite zur Verfügung. Zu den Beweggründen sagt Erste Bank-Chef Andreas Treichl: "Wir sind im Jahr 1819 gegründet worden, um Kreitie an die Menschen zu vergeben, die das von anderen Banken nicht bekommen. Und viele Jahre später, als wir unsere Stiftung gegründet haben, haben wir gesagt, wir müssen dazu wieder zurückkehren, denn ein Teil unseres Kapitals ist uns dafür gegeben worden."

Konto keine Selbstverständlichkeit

Bedarf gibt es in Osteuropa jedenfalls genug. Allein in Rumänien gibt es nach Schätzungen von Eurostat immer noch über acht Millionen Menschen, die nicht einmal ein Bankkonto besitzen.