Täuschten Banken Ratingagenturen?
Wall Street im Visier der Justiz
Wie die Tageszeitung "New York Times" heute berichtet, soll die New Yorker Staatsanwaltschaft Untersuchungen gegen acht Banken im Zusammenhang mit dem Handel von Hypotheken-Papieren eingeleitet haben. Die Institute sollen Rating-Agenturen durch Falschinformationen zu einer positiveren Bewertung ihrer Hypotheken-Absicherungen bewegt haben.
8. April 2017, 21:58
Abendjournal, 13.05.2010
Who is Who der Finanzbranche
Die Liste der von den US-Justizbehörden untersuchten Banken wird zunehmend länger und liest sich wie ein Who is Who der internationalen Finanzbranche: Goldman Sachs, Morgan Stanley, JP Morgan Chase, Citigroup, Merrill Lynch, Deutsche Bank, UBS, Credit Suisse, Credit Agricole.
Falschinformation an Ratingagenturen
Wie die "New York Times" am Donnerstag online unter Berufung auf zwei mit den Ermittlungen vertraute Personen berichtete, stehen die Institute im Verdacht, Rating-Agenturen durch falsche Informationen zu einer Besserbewertung ihrer Hypotheken-Absicherungen bewegt zu haben. Bei den hinters Licht geführten Rating-Agenturen handle es sich Standard & Poors, Fitch und Moodys, berichtet die "New York Times". Durch die positiveren Bewertungen seien Investoren zum Kauf der Papiere veranlasst worden.
Täuschung bei Hypothekengeschäften
Die Untersuchungen laufen parallel zu ähnlichen Ermittlungen der US-Bundesbehörden, die sich jedoch um möglicherweise irreführende Informationen der Institute an ihre Kunden drehen. Eine konkrete Klage liegt bisher nur gegen Goldman Sachs vor: Die US-Börsenaufsicht SEC wirft der Investmentbank vor, ihre Kunden bei Hypothekengeschäften getäuscht zu haben. Nun untersucht die Bundesstaatsanwaltschaft in New York gemeinsam mit der SEC, ob Morgan Stanley, JP Morgan Chase, Citigroup, Deutsche Bank und UBS ähnlich vorgegangen sind.
Wetten auf Verfall eigener Papiere
Der Vorwurf ist nach einem Bericht des "Wall Street Journals" (WSJ) jeweils der Gleiche: Die Banken sollen die Hypothekenpapiere auf Geheiß anderer Finanzakteure kreiert haben, die selbst gegen diese Papiere wetteten. Auch die Banken setzten teilweise darauf, dass der Wert der Papiere sinkt, während sie diese ihren Investoren als vielversprechende und sichere Wertanlagen verkauften. Mit dem Kollaps der Immobilienblase kam der Fall ins Bodenlose; die Investoren verloren Geld, während Banken und Hedge Fonds kassierten.
Schwierige Rechtslage
Die Untersuchung ist dem Bericht zufolge in einer frühen Phase. Um Anklage erheben zu können, müssen die Behörden beweisen können, dass ein Unternehmen oder seine Angestellten Investoren getäuscht haben. Die Staatsanwaltschaft hat bisher erst eine größere Klage im Zusammenhang mit der Finanzkrise erhoben - gegen zwei Händler von Bear Stearns - und verloren.
Vergleichsverhandlungen
Im Fall von Goldman Sachs läuft vorerst eine Zivilklage, bei der die juristischen Hürden weniger hoch sind. Goldman hatte sich gegen die Vorwürfe gewehrt, ist nun aber in Verhandlungen um einen Vergleich mit den Justizbehörden. Morgan Stanleys Konzernchef James Gorman hatte erklärt, die Vorwürfe hätten "keinerlei Substanz" und sein Institut sei bisher von den Behörden nicht kontaktiert worden. Alle anderen Banken verweigerten jeden Kommentar.