Bessere Beziehungen zu Europa und USA

Neue Außenpolitik Russlands

Russland will seine Beziehungen zu Europa und den USA deutlich verbessern - das geht aus einem Strategiepapier des russischen Außenministeriums hervor, das offensichtlich gezielt an die Medien weitergegeben worden ist. Die ersten Auswirkungen dieser neuen Außenpolitik sind bereits sichtbar.

Morgenjournal 15.05.2010

Das Land braucht Kapital

Russland ist nicht stark genug, eine große Wirtschaftskrise alleine zu überstehen. Nur mit ausländischem Kapital kann die Rückständigkeit der russischen Wirtschaft überwunden werden, daher braucht das Land bessere Beziehungen zum Westen. Das ist der Kern des Strategiepapiers des russischen Außenministeriums, den das Wochenmagazin Russki Newsweek veröffentlicht hat.

Konkrete Annäherungsschritte

Vertreter der Regierung haben die Existenz des Papiers inzwischen bestätigt, Präsident Medwedew habe es allerdings noch nicht genehmigt. Ganz oben auf der Prioritätenliste steht demnach die Verbesserung der Beziehungen zur Europäischen Union. Bereits beim kommenden EU-Russland-Gipfel Ende Mai in Rostov am Don sollte demnach ein neuer Grundsatzvertrag und ein Partnerschaftsabkommen abgeschlossen werden, außerdem sollte die gegenseitige Visapflicht so schnell wie möglich aufgehoben werden. Dieser Zeitplan sei durch die Griechenlandkrise aber ins Wanken geraten, schreibt Newsweek.

Rückständigkeit überwinden

Der Sinn der neuen Außenpolitik sei nicht Freundschaft oder Feindschaft, heißt es in dem Papier, sondern einfach die Interessen Russlands. Präsident Dmitri Medwedew hat mehrmals die Rückstandigkeit des Landes in vielen Bereichen angeprangert, von der Wirtschaft über die Wissenschaft bis zur Rüstungsindustrie. In Zeiten hoher Ölpreise habe das Land geglaubt, sich selbst aus dieser Rückständigkeit befreien zu können, die Krise habe aber gezeigt dass das nicht möglich sei.

Überraschende Einigungen

Es gibt bereits erste Anzeichen für die Umsetzung der neuen Außenpolitik: Das atomare Abrüstungsprogramm mit den USA wurde überraschend schnell unterschrieben. Vor eineinhalb Wochen hat Russland sich nach jahrelangem Streit mit Norwegen auf eine gemeinsame Grenze im arktischen Meer geeinigt. Die Beziehungen zu Polen, traditionell ein Stolperstein zwischen Russland und der EU, sind so gut wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Und vergangenen Monat hat Russland mit Frankreich Verhandlungen darüber aufgenommen, ein modernes französisches Kriegsschiff für seine Marine zu kaufen.

Kreml nicht einig

Experten wie Dmitrij Treninen vom Moskauer Carniegie-Institut weisen aber darauf hin, dass es in der russischen Außenpolitik noch andere Strömungen gibt. Laut der aktuellen Militärdoktrin, die erst im Februar veröffentlicht wurde, ist das Militärbündnis NATO immer noch die größte Bedrohung Russlands. Das neue Strategie-Papier sei ein großer Schritt vorwärts, meint Trenin. Es müsse sich allerdings erst zeigen, wie ernst es dem Kreml damit tatsächlich ist, und welche Strömung in der russischen Führung letztlich die Oberhand behalte.