Queen hält Thronrede
Regierung verkündet Sparprogramm
Die britische Königin Elisabeth II eröffnet am Dienstag offiziell die neue Legislaturperiode des frisch gewählten Parlaments in Westminster. Sie verliest zu Mittag traditionell die Regierungserklärung, verfasst vom Premierminister. Oberste Prioritäten der neuen Regierung sind die Senkung der Staatsschulden und das Wirtschaftswachstum.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal 25.05.2010
Dichtes Programm
Da der neue konservative Amtsinhaber David Cameron in einer Koalition mit Nick Clegg und den Liberaldemokraten steckt, ist dieses Mal die Handschrift einer zweiten Partei im Programm erkennbar. Und offenbar hatten noch mehr Hände als sonst Zugriff auf das Programm, der Inhalt wurde bereits einer britischen Tageszeitung zugespielt. Der Entwurf der Thronrede sieht 21 neue Gesetzesbeschlüsse in den nächsten 18 Monaten vor.
Aus für ID-Cards
Die Regierung Cameron-Clegg schafft demnach so schnell wie möglich die geplanten Identitätskarten ab. Die sogenannten ID-Cards waren ein Prestigeprojekt der abgewählten Labour Regierung. Sie kosten umgerechnet rund neun Milliarden Euro. Dem neuen Premierminister David Cameron, er war immer schon ein vehementer Gegner dieser Personaldokumente, fällt es nicht schwer, hier den Sparstift anzusetzen.
Weitere Einschnitte angekündigt
Die Koalitionsregierung verordnet dem Land insgesamt einen strikten Sparkurs, allein heuer will der Schatzkanzler noch sieben Milliarden Euro in allen Ministerien einsparen. George Osborne hatte gestern vor weiteren Einschnitten im nächsten Jahr gewarnt, dies sei nur der Anfang. Die Senkung des strukturellen Defizits und die Wiederherstellung des Wirtschaftswachstums hätten oberste Priorität, wird Königin Elisabeth II in ihrer Thronrede am Mittag verkünden.
Kürzung bei Sozialhilfe
Radikalstes Vorhaben der neuen Regierung: eine strikte Überprüfung der Sozialhilfeempfänger. Wer arbeiten kann, es aber nicht tut, verliert die staatliche Unterstützung.
EU-Referenden
Und EU-Skeptiker werden sich freuen, von der Monarchin zu hören, dass Großbritannien keine weiteren Kompetenzen an Brüssel abgeben wird, ohne vorher ein Referendum durchzuführen. Ein Satz, der eins zu eins aus dem Konservativen Parteiprogramm stammt.
Neues Wahlrecht
Aber die neue Regierung plant auch politische Reformen. Hier ist eindeutig die Handschrift von Vize-Premierminister Nick Clegg erkennbar. Er bekommt vermutlich schon nächstes Jahr seine Volksabstimmung über die Änderung des Wahlrechts. Viele Hinterbänkler der Konservativen lehnen dies massiv ab, die Koalition könnte in der Frage der Wahlrechtsreform auf ihren ersten großen Krach zusteuern.
Reformen nach Spesenskandal
Eine umfassende Parlamentsreform soll das Vertrauen der Bevölkerung in die Politik nach dem Spesenskandal wieder festigen. Abgeordnete, die die Regeln brechen, können in Zukunft abgewählt werden.
Umstrittene Punkte noch offen
Die Koalitionsregierung hat vor, fünf volle Jahre im Amt zu sein - genügend Zeit, um im nächsten Programm Punkte wie Nuklearkraft, Einwanderung und Strafrecht anzugehen. Da sind sich die Koalitionspartner noch nicht einig, sie sind zum Wohle der partnerschaftlichen Zusammenarbeit fürs Erste unter den Tisch gefallen. Vergessen sind sie aber nicht.
"Es könnte gut sein, dass wir einen ziemlich heißen Herbst haben."
Politologe Christian Schweiger von der Durham University im Morgenjournal-Gespräch mit
Politologe erwartet heißen Herbst
Das Regierungsprogramm werde die Bevölkerung kaum überraschen, meint der Politikwissenschaftler Christian Schweiger von der Universität Durham. David Cameron habe es schließlich in seinem Wahlkampf angekündigt. Noch gelte eine gewisse Schonfrist für die neue Regierung. Der Widerstand werde sich erst formieren, wenn die Kürzungen Auswirkungen auf einzelne Menschen haben. "Es könnte gut sein, dass wir einen ziemlich heißen Herbst haben." Schweiger hält eine Streikwelle für wahrscheinlich, weil sich die Gewerkschaften gegen weitere Sparmaßnahmen stellen werden.
Soziale Einschnitte folgen noch
Gespart werde vorerst im Regierungsbereich, etwa bei den Beratern, weiß der Experte. Stark getroffen werde aber auch der Bereich der Bildung und Wissenschaft. Noch kommen werde eine Sozialreform. Ein erstes Opfer: Die bisher üblichen 250 Pfund für jedes Neugeborene wird es künftig nicht mehr geben. Schweiger erwartet weitere Kürzungen bei der Arbeitslosenunterstützung, bei der Hilfe für alleinerziehende Eltern und bei Steuervergünstigungen für Familien.