Bundeswehr soll Handelswege sichern

Aufregung über Köhler

Deutschlands Bundespräsident Horst Köhler steht in der Kritik, weil er sich via Deutschlandradio Kultur zum Thema Bundeswehreinsatz im Ausland zu Wort gemeldet hat. Auf dem Rückweg von einem Truppenbesuch in Afghanistan hat der Präsident seinen Gedanken einen sehr freien Lauf gegönnt und viel Platz für Interpretationen geschaffen.

Mittagsjournal, 28.05.2010

Reaktion: "politisch abwegig"

Mit etwas Verzögerung haben die Worte des Präsidenten in den Parteizentralen Wirkung gezeigt. Empört reagiert die Opposition, in der manche Köhlers Worte als Beleg für eine neue Militärdoktrin abseits des Grundgesetzes sehen. Deutschland führe keinen Krieg um Wirtschaftsinteressen, sondern um Sicherheit, sagt Thomas Oppermann, SPD Geschäftsführer im Parlament. Köhler schade der Akzeptanz der Auslandseinsätze: Die Vorstellung, die Bundeswehr solle Wirtschaftsinteressen Deutschlands international durchsetzen, sei "politisch abwegig".

Rücknahmeaufforderung an Köhler

Die Linke wiederum will die Äußerungen des Staatsoberhaupts zum Anlass nehmen, im Bundestag erneut den Abzug der Bundeswehr zu beantragen. Der Präsident habe die Katze aus dem Sack gelassen. Für die Grünen hat sich Köhler vergaloppiert, er solle seine Aussagen zurücknehmen.

Offizieller Rückhalt

Die, die Köhler in das Präsidentenamt gehievt haben, reagieren anders. Für die Liberalen sind die Vorwürfe nicht nachvollziehbar, in der CDU bemüht man den Begriff "missverständlich". Deutschlands Interesse an freien Handelswegen stehe in keinem Zusammenhang mit dem Einsatz in Afghanistan.

Inoffizielle Rüge

Kritik an Köhler formulieren Vertreter der Regierungsparteien nur, wenn das Mikrophon ausgeschaltet ist. Er sei den Soldaten und der pro Afghanistanmehrheit im Bundestag in den Rücken gefallen. Die ablehnende Haltung in der Bevölkerung werde nun noch größer, denn gerade der Einsatz am Hindukusch stehe explizit unter dem Aspekt der internationalen Sicherheit – anders etwa als das Engagement gegen Piraterie am Horn von Afrika.

Darauf verweist auch das Bundespräsidialamt in einer knappen Aussendung. Die Irritationen ob der Präzisierung aus dem Schloss Bellevue sind deswegen noch nicht weniger geworden.