Musik und Drogen

Im Rausch der Klänge

Bei "Musik und Drogen" denken wir zuerst an die Exzesse von Rockstars. Doch Musik selbst, reine Töne und Klänge, können berauschend wirken und das nicht nur in der Unterhaltungsmusik, sondern auch im Jazz und in der der klassischen Musik.

Musik wirkt direkt auf unser Gehirn und kurbelt die Hormonproduktion an. Nur so ist erklärlich, warum manche Musik entspannt, andere aggressiv macht, und viele Melodien uns ein Lächeln auf das Gesicht zaubern. Musik kann Glücksgefühle hervorrufen, die geradezu euphorisch machen. Lässt man sich darauf ein, versinkt man in den Klängen, vergisst alles andere und nimmt die Umgebung nur noch am Rande wahr.

Dieser Rauschzustand ist durchaus mit "echten", durch Substanzen induzierten Rauschgefühlen zu vergleichen - ganz besonders dann, wenn diese Empfindungen in Live-Situationen auftreten, im Konzert, mit vielen anderen Menschen. Wer das Glück hatte, solche Höhepunkte beim Musikkonsum zu erleben, vergisst sie vermutlich nie - egal, ob es sich um eine Opernaufführung, ein Rockkonzert oder eine Jamsession während eines Jazzfestivals handelte.

Rauschzustände auf Grund von Verliebtheit

Auch Komponisten - als Beispiele seien hier Claude Debussy, Hector Berlioz, Alexander Skrjabin, Karol Szymanowski und Richard Wagner genannt - gaben sich dem Rausch der Klänge hin. Sie übersetzten intensive Gefühle, meist jene der Verliebtheit, in Musik. So entstanden Berlioz' "Symphonie fantastique", Skrjabins "Poème de l'extase", die "Mythen" von Szymanowski und die "Liebesnacht" aus "Tristan und Isolde".

Der Rausch der Natur

Ein wichtiges Motiv für die Entstehung von "Rauschmusik" in allen Musikstilen war zu allen Zeiten die Natur. Denken wir an Franz Schuberts Zyklus "Die schöne Müllerin", in der der Wanderer im Lied "Wohin?" vom Wege abkommt, weil ihn das Rauschen des Baches so sehr fasziniert, dass er alles andere vergisst.

Der Bach, dargestellt durch Triolen in der linken Hand, die die Begleitung des gesamten Stückes bilden, wirkt auch musikalisch - ein "Hineinfallen" in die Musik ist jederzeit möglich und erwünscht.

Im Rausch des Göttlichen

Klassische Komponisten widmeten sich oft in ihren Kompositionen dem "Ewigen", dem "Göttlichen". So entstanden feierliche Messen, die in ihrer Klangentfaltung, vorgetragen in sakralen Räumen, wahrhaft erhebend wirken. Denken wir hier nur an das Sanctus in Bachs h-Moll-Messe. Die Musik erfüllt den Raum fast überirdisch, als sänge ein Chor von Engeln.

Die ernüchternde Realität

Alles bisher Gesagte symbolisiert die positive Seite von Musik und Rausch. Dass Künstler im Musikbusiness - egal ob sie komponieren, interpretieren oder improvisieren - oft selbst zu Alkohol und Drogen greifen, verwundert nicht, wenn man weiß, dass der Konsum dieser Substanzen helfen kann, die Muse zu beflügeln, die Nacht zum Tag zu machen und Ängste zu lindern.

Als Künstler agiert man exponiert und ist persönlich sehr stark in die eigene Arbeit involviert. Die damit einhergehende Empfindsamkeit und Angst vor dem Versagen lässt den Wunsch nach scheinbarem Schutz durch Drogen verständlich erscheinen. Vor allem in der Unterhaltungsindustrie ist der Gebrauch von Aufputschmitteln und bewusstseinsverändernden Substanzen sehr häufig. Tragische Todesfälle durch Drogen, Medikamente und Alkohol lenken immer wieder den Blick auf dieses Phänomen.

Service

Buch, Alexander Skrjabin, "Le poeme de l'extase", Aufbau Verlag

Leo Perutz, "Der Meister des jüngsten Tages", dtv

CD, Hector Berlioz, "Les nuits d'eté", Jose van Dam (Gesang), Jean-Philippe Collard (Klavier), EMI

Richard Wagner, "Tristan und Isolde", Staatskapelle Dresden, Carlos Kleiber (Dirigent), DG

Johannes Brahms, Trio für Klavier, Violine und Violoncello Nr.1 in H-Dur, Trio Fontenay, Teldec

Franz Schubert, "Die schöne Müllerin", Dietrich Fischer Dieskau (Gesang), Gerald Moore (Klavier), DG

Johann Sebastian Bach, Messe h-Moll, BWV 232, Akademie St. Michael, Concentus Vocalis, Herbert Böck (Dirigent),

Berlioz, "Symphonie fantastique", Wiener Symphoniker, Georges Pretre (Dirigent), Teldec

Skrjabin, "Le poeme de l'extase", Cleveland Orchestra, Lorin Maazel (Dirigent)

Karol Szymanowski, Complete Works für Violin and Piano. Paul Gulda, Joanna Madroszkiewicz, DDD, Musikproduktion Daringhaus und Grimm

Howe Gelb, "The Listener", Thrill Jockey Records

The Beatles, "Revolver", Apple

The Doors, "The Best of The Doors", Warner, Elektra

The Grateful Dead, "The Grateful Dead", Warner

Miles Davis, "Kind Of Blue", CBS

Santana, "Soul Sacrifice", live at Woodstock, Woodstock, 6 CD Box, Warner Brothers

Rhythim Is Rhythim, "Strings of Life", Transmat

Slowhouse, Untitled, Slowhouse

Georg Friedrich Haas, "Wer, wenn ich schriee, hörte mich", Klangforum Wien, Sylvain Cambreling (Dirigent), Lukas Schiske (Perkussion), Kairos