Ein Ort als Freiluftbühne
Spoleto: Festival dei 2 mondi
Das Festival in Spoleto widmet sich heuer - zum 150. Geburtstag von Gustav Mahler - auch dem großen Österreicher. Nicht zuletzt deshalb, weil die Nachfahren von Gustav und Alma Mahler eng mit der umbrischen Stadt verbunden sind.
8. April 2017, 21:58
Tochter Anna war Ehrenbürgerin der Stadt. Enkelin Marina hütet das Erbe der Familie. Zu sehen und zu hören ist das Festival dei 2 mondi bis zum 4 Juli.
Kulturjournal, 22.06.2010
Oper, Konzert, Tanz und Theater
"Die Besonderheit an diesem, Festival ist, dass es als einziges auf der Welt alle vier klassischen Formen der Bühnenkunst vereint: sprich die Oper, das große Konzert, den Tanz und das Theater", sagt Giorgio Ferrara, der Intendant des Festivals.
Er empfängt uns nur wenige Minuten bevor sich der Vorhang für zwei intensive Festivalwochen erhebt. Mitten im 1840 von 68 theaterbegeisterten Bürgern erbauten Teatro Nuovo gibt der Intendant einen kurzen Aufriss dessen, was die Besucher erwartet.
Verbindung zwischen alter und neuer Welt
Festival der zwei Welten - unter diesem Namen hatte es sein Erfinder, Gian Carlo Menotti, 1958 aus der Taufe gehoben. Eine Verbindung zwischen der alten und der neuen Welt - also Amerika und Europa - sollte es sein. Das ist nun lange her. Der Gründer Menotti ist 2007 verstorben. Und in Spoleto versucht man einen internationalen Neubeginn.
"Dieses Jahr haben wir ein Werk Hans Werner Henzes in japanische Sprache. Wir haben amerikanische und deutsche Ballette - wie von John Neumeier - auf dem Programm. Und vieles, vieles mehr. John Malkovich, Fanny Ardant usw. Man kann also von einem weltumspannenden Festival sprechen", meint Ferrara.
"Gogo no Eiko"
Langapplaudierter Auftakt des Festivals ist Hans Werner Henzes Oper "Gogo no Eiko" - frei nach einem Roman des Schriftstellers Yukio Mishima. Im Laufe der Jahre musikalisch mehrfach von Henze überarbeitet, wird nun die vielleicht definitiv letzte Version in Spoleto inszeniert.
"Gogo no Eiko": das ist die Geschichte einer japanischen Witwe, die sich in einen Seefahrer verliebt. Der bereits erwachsene Sohn lehnt den Stiefvater jedoch ab und ermordet ihn. Eine Art Butterfly der anderen Art also. Der 83jährige, in Italien lebende Komponist sitzt bei dieser Erstaufführung mitten im Parkett und ist begeistert.
"Es ist wunderschön. Die Beziehungen zwischen der Bühne, dem Bühnenbild und dem Orchesterklang funktioniert wunderbar. Johannes Debus - ist ein großartiger Dirigent und das italienische Orchester finde ich wundervoll. Es ist ja das erste Mal, dass sie meine Musik aufführen. Ich bin sehr zufrieden", sagt Henze.
Abschlusskonzert auf dem Domplatz
Zufrieden ist auch Intendant Ferrara, der Regie führt. Und der aus Anlass des 150. Geburtstags von Gustav Mahler einen Mahlerschwerpunkt gesetzt hat. So lässt sich das Hamburger Ballet unter John Neumeier vom großen Komponisten genauso inspirieren wie Massimo Finazzer Flory, der einen Briefwechsel Mahlers für die Bühne adaptiert.
"Aber vor allem ist das große Abschlusskonzert auf dem wunderschönen Domplatz - zu dem dreitausend Besucher kommen - Mahler gewidmet. Wir führen dort Mahlers erste Symphonie auf. Umrahmt wird diese gleichsam von den symphonischen Tänzen Leonard Bernsteins. Denn immerhin war es Bernstein, der Mahler weltweit bekannt gemacht hat", sagt Ferrara.
Ein neues Verständnis für zeitgenössische Musik
Ebenfalls anwesend an diesem Premierenabend: Marina Mahler, die Enkelin Gustav Mahlers. Sie, die seit ihrer Kindheit eng mit Spoleto verbunden ist, setzt sich in ihrer Stadt - wie sie sagt - für die Förderung zeitgenössischer Musik ein.
"Mahler hat die Musik von heute stark beeinflusst. Und ich hoffe, dass die Präsenz Mahlers, die Türen für ein neues Verständnis der zeitgenössischen Musik öffnet. Denn zu Lebzeiten Mahlers haben nur wenige seine Musik gehört. Und in der Tat ist er erst sehr, sehr spät populär geworden. Heute ist es einfach Mahler zu lieben. Es ist hingegen viel schwieriger sich für die Musik der eigenen Zeit zu interessieren", sagt Marina Mahler.
Junge Komponisten und junge Interpreten sollen sich daher auch in Zukunft gut in Spoleto vertreten wissen. Und da ist es nur konsequent, dass der Dirigent des großen Abschlusskonzerts erst 25 Jahre alt ist.
Der Venezulaner Diego Matheuz gilt als aufsteigender Stern am Dirigentenhimmel. Gefördert von Claudio Abbado ist Matheuz der derzeit berühmteste Vertreter des Nationalen Jugendorchestern Venezuelas - kurz el sistema genannt.
"Kommen Sie nach Spoleto"
Für Giorgio Ferrara einmal mehr Grund für einen Besuch in der tatsächlich prachtvollen und stolzen Stadt zu werben: "Liebe Österreicher, Ihr müsst nach Spoleto kommen. Denn hier ist es fantastisch. Auf weniger als 500 Metern findet ihr vier Theater, zwei Kirchen und wundervolle Plätze auf denen die Aufführungen aller Art stattfinden. Ganz Spoleto ist eine große Freiluftbühne."