Neuerungen im Familienrecht

Diskussion über gemeinsame Obsorge

Im Parlament wurden bei einer Enquête Neuerungen im Familienrecht diskutiert. Im Mittelpunkt stand die gemeinsame Obsorge beider Eltern für Scheidungskinder. Die Parteien sind unterschiedlicher Meinung, ob es eine gemeinsame Obsorge automatisch oder nur in speziellen Fällen geben soll.

Abendjournal, 24.06.2010

Automatische gemeinsame Obsorge

Mehr als 20.000 Kinder in Österreich sind pro Jahr von der Scheidung ihrer Eltern betroffen. Eine gemeinsame Obsorge nach einer Scheidung ist in Österreich seit dem Jahr 2001 möglich. Sie muss allerdings gemeinsam beantragt werden, etwa die Hälfte der geschiedenen Paare findet zu so einer Lösung. Dass die gemeinsame Obsorge gar nicht erst beantragt werden muss, sondern automatisch zum Normalfall wird, dieser Idee kann Justizministerin Claudia Bandion Ortner - ähnlich wie Vertreter der ÖVP - nach eigener Aussage viel abgewinnen: Eine automatische Obsorge wirke deeskalierend und führe zu einer besseren Gesprächsbasis.

Uneinigkeit bei Parteien

Dagegen zeigt sich Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) skeptisch: Automatismus sei nicht zielführend. Statt dessen solle es eine bessere Lösung für Besuchszeiten geben. Auch innerhalb der Opposition gehen die Meinungen auseinander: Albert Steinhauser von den Grünen ist gegen eine automatische gemeinsame Obsorge, vielmehr solle eine Schlichtungsstelle nach Lösungen suchen. Der Freiheitliche Peter Fichtenbauer dagegen sieht im Modell der gemeinsamen Obsorge, wie es in Deutschland bereits existiere, ein gutes Vorbild, das sich bewährt habe. Ewald Stadler vom BZÖ wiederum will größeren Gestaltungsspielraum für die Gerichte.

Auch Experten uneinig

Bei der heutigen Enquête im Parlament war auch eine Reihe von Experten geladen. Auch hier gehen die Meinungen über den Sinn einer automatischen gemeinsamen Obsorge weit auseinander.