Nur noch ein Bieter im Rennen
"Le Monde" vor Verkauf
Nach wochenlangem Ringen um die Übernahme der französischen Traditionszeitung "Le Monde" sind die Weichen nun gestellt: Eine von zwei Bietergruppen zog ihr Angebot jetzt zurück.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 28.06.2010
Zwei Interessenten gab es
In Frankreichs gebeutelter Presselandschaft steht eine wichtige Entscheidung an: der Aufsichtsrat der Le Monde Gruppe - zu der auch die Wochenzeitungen Telerama, Courier International und La Vie gehören - wird beschließen, wer als neuer Eigner beim hoch verschuldeten Flaggschiff der französischen Presse einsteigen wird. Wochenlang tobte ein Kampf zwischen mehreren Investorengruppen. Im besonderen auf der einen Seite der linke Kulturmäzen und ehemalige Yves Saint Laurent Lebensgefährte, Pierre Bergé - auf der anderen der Verleger Claude Pedriel gemeinsam mit dem Telekomkonzern Orange - eine Lösung für die sich Staatspräsident Sarkozy stark gemacht und damit für einen Skandal gesorgt hatte. Heute ist nun eine Vorentscheidung gefallen.
Einer zog Angebot zurück
Der Verleger Claude Pedriel, Inhaber des linksliberalen Wochenmagazins NOUVEL OBSERVATEUR und der Telecom Konzern ORANGE haben überraschend angekündigt, dass sie ihr Angebot zur finanziellen Rettung von Le Monde zurückziehen. Damit tragen sie offensichtlich dem überdeutlichen Votum Rechnung, welches die Gesellschaften der Le Monde Redakteure und Mitarbeiter letzten Freitag gegen sie abgegeben hatten: mit über 90 Prozent hatten die Le Monde Mitarbeiter, die bislang dominierende Aktionärsgruppe, für die konkurrierenden Investoren votiert – das Trio aus dem Kulturmäzen Pierre Bergé, dem Geschäftsbanker Mathieu Pigasse und dem Chef des Internetanbieters Free, Xavier Niel - Persönlichkeiten, die eher dem sozialistischen Lager nahestehen.
Niederlage für Sarkozy
Diese Vorentscheidung ist indirekt eine Niederlage für Staatspräsident Sarkozy. Denn der hatte – ein bislang einmaliger Vorgang- vor Wochen den Direktor von Le Monde zu sich zitiert und ihm unmissverständlich bedeutet, dass er das Angebot des Verlegers Pedriel gemeinsam mit dem Telekomkonzern Orange bevorzuge – Orange, ein Unternehmen, bei dem der Staat 26 Prozent Anteile hat und das seit wenigen Monaten von einem Sarkozy Intimus geleitet wird. Der Präsident soll sogar gedroht haben, andernfalls werde er der Zeitung staatliche Subventionen entziehen.
"Auf dem Weg der Berlusconisierung"
Eine Flut von Protesten brach aus, der Sprecher der sozialistischen Partei etwa sagte: "Wir haben immer gesagt, die Verquickung zwischen der Exekutive und den Medien, ob privat oder öffentlich, ist inakzeptabel. Man hat uns immer erwidert: ihr übertreibt, wenn wir sagten, wir sind auf dem Weg der Berlusconisierung, doch ich denke, Sarkozy, das ist sogar noch mehr als Berlusconi".
Und der Direktor von Le Monde, Eric Fottorino unterstrich: "Der ideale Kandidat für uns ist der, der in der Lage ist, die bedeutende Schulden zu tilgen und der gleichzeitig die Unabhängigkeit der Redaktionen vollständig respektiert – zwei Jahre vor einer Präsidentschaftswahl hat das seine Bedeutung".
Ära geht zu Ende
Bleibt die Frage, ob die Investorengruppe um den ehemaligen Yves Saint Laurent Lebensgefährten, Pierre Bergé mit den rund 100 Millionen Euros, die zur unmittelbaren Rettung der namhaften Pariser Abendzeitung nötig sind, auch ein unternehmerisch haltbares Konzept mitbringen, um das Blatt mit einer täglichen Auflage von 400.000 Exemplaren mittelfristig wieder auf gesunde Beine zu stellen.
In jedem Fall aber geht mit dem heutigen Tag für Le Monde eine Epoche zu Ende: die Redakteure und Mitarbeiter werden künftig nicht mehr, wie dies seit 1944 der Fall war, die wichtigste Aktionärsgruppe im Unternehmen sein und selbst die Geschicke bestimmen können, auch wenn Pierre Begré sagt: "Wir wollen, dass Le Monde eine Referenz bleibt und eine der größten Tageszeitungen der Welt. Wir sind auch kein Presseunternehmen und werden niemanden in die Redaktion setzen, um Le Monde zu kontrollieren".
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