Das Museum MAMbo
Kunst und Politik in Bologna
Das Museo d'arte moderna di Bologna (MAMbo) zeigt eine Kunstproduktion, die aufs Engste mit der politischen Geschichte der Stadt verknüpft ist. Bologna ist die Stadt Italiens, die am meisten von Terrorismus betroffen ist.
8. April 2017, 21:58
Kulturjournal, 05.07.2010
Die norditalienische Stadt Bologna wird gerne als politisches und kulturelles Labor Italiens bezeichnet. Die keinesfalls reibungslose Ko-Existenz von Kommunismus und Katholizismus brachte in Bologna nicht nur gesellschaftliche Utopien, sondern auch studentische Revolten hervor. Und es ist die Stadt Italiens, die am meisten von Terrorismus betroffen ist. Wer erinnert sich nicht an den Bombenanschlag im Bahnhof von Bologna des Jahres 1980, bei dem zahllose Menschen getötet und verletzt wurden.
Wie sich die besondere Geschichte und Gestalt der Hauptstadt der Emilia Romagna im Kunstschaffen ausdrückt, das zeigt ein im Dezember 2007 eröffnetes Museum. Das MAMbo - Museo d'arte moderna di Bologna hat die städtische Kunstsammlung nicht nur in ein neues Gebäude gebracht, es hat sich auch die ganz spezifische Aufgabe gestellt, hier eine Kunstproduktion zu zeigen, die aufs Engste mit der politischen Geschichte der Stadt verknüpft ist.
Erlesene kulturelle Nachbarschaft
Auf 10.000 Quadratmetern zeigt das Museum Moderner Kunst einen Großteil der städtischen Kunstsammlung von Bologna. Das kurz MAMbo genannte neue Museum befindet sich in erlesener kultureller Nachbarschaft: da ist etwa die Cineteca di Bologna, eine der einflussreichsten Einrichtungen zur Pflege der Filmkunst. Aber auch die Studios der Kunstuniversität von Bologna und viele Galerien befinden sich in der Nähe des MAMbo.
Ausstellungen, Performances, Filmvorführungen und Konzerte werden von diesen Institutionen gemeinsam durchgeführt.
Neuinterpretation der Kunstsammlung
Mit dem neuen Gebäude für die städtische Kunstsammlung wurde auch die Sammlung selbst einer Neuinterpretation unterworfen. "Kunst und Ideologie" titelte das MAMbo in seiner ersten Ausstellung. MAMbo-Direktor Gianfranco Maraniello war Kurator im Museum für Zeitgenössische Kunst in Rom, bevor er die Neugestaltung des Museums in Bologna übernahm.
"Das Museum, das für unsere Stadt projektiert wurde, versucht nicht, heutige Kunstphänomene zu zeigen", so Maraniello. "Es wirft vielmehr einen kritischen Blick auf die eigene Tradition. Wir behandeln die Geschichte der Galleria d'Arte Moderna selbst und ihre Positionierung in einem Kunstbezirk."
Viel Licht und Stahlelemente
Die Kunstsammlung der Stadt Bologna ist seit 2007 mit dem MAMbo in den Fabriksräumen der ehemaligen städtischen Bäckerei untergebracht, ein Gebäude, das 1915 erbaut wurde, um die Versorgung der Bevölkerung Bolognas während des ersten Weltkriegs sicherzustellen. In den 1970er Jahren wurde die Brotfabrik in eine kommunale Lagerhalle umgewandelt. Ab Mitte der 1990er Jahre begannen Bau- und Renovierungsarbeiten, immer mit dem Ziel, die ursprüngliche architektonische Konstruktion zu erhalten.
White-Cube-Ausstellungsräume und ein großzügiges, repräsentativ-kühles Stiegenhaus mit viel Licht und Stahlelementen resultieren aus einem Gesamtkonzept des Architekten und Designers Aldo Rossi. Im ersten Jahr seines Betriebes zählte das MAMbo rund 100.000 Besucher, im Jahr darauf schon um ein Viertel mehr.
"In der Mitte der 1970er Jahre wurde die Utopie der modernen Stadt in Bologna verwirklicht", erzählt Maraniello. "Die Galerie der Modernen Kunst, wie sie damals hieß, fand ihren ersten Sitz in einem Viertel, das mit der Fabriksarbeit, mit dem Handel und mit neuer Architektur verbunden ist - viel Beton und eine ein wenig manierierte Modernität bestimmten die Geburt eines Museums in einer recht interessanten Region."
Wichtige Messestadt
Daher wurde das Museum der Moderne - der damaligen Ideologie entsprechend - ursprünglich im Messe-Viertel von Bologna angesiedelt. Denn Bologna ist eine der wichtigsten Messestädte Europas.
Mit den neuen Räumen für die Kunst in der ursprünglichen Brotfabrik ist das Museum also nun in den historischen Stadtkern gewandert: es befindet sich nur fünf Minuten vom Bahnhof entfernt. Jenem Bahnhof, dessen Uhr immer 10:25 Uhr anzeigt. Den Zeitpunkt, an dem am 2. August 1980 ein Bombenanschlag 85 Menschen tötete und 200 verletzte.
Epizentrum der Studentenbewegung
"Bologna lebt eine Tradition von Kommunismus und Katholizismus", so Maraniello. "Es erinnert an Formen der Kooperation, der utopischen Modelle und an die Studentenrevolten. Die Stadt war Epizentrum der Studentenbewegung, die im Jahr 1977 tragisch endete. All das wurde begleitet von Phänomenen der Reaktion. Es gab hier brüske Einbrüche in die revolutionären und progressistischen Utopien."
Das MAMbo wirft kritische Blicke auf die eigene Tradition als städtische Kunstsammlung. Die Finanzierung der Ausstellung und Sammlung und die dadurch ermöglichte Selbstbetrachtung durch Kunst kommt vom Comune di Bologna, von der Region Emilia Romagna und von verschiedenen Banken und ihren Kultur-Stiftungen.
Neben der Ex-Brotfabrik im Zentrum verfügt das MAMbo über weitere Ausstellungsorte: die Villa delle Rose und das Morandi Museum.
Älteste Universität Europas
"Bologna hat diese Tradition, die älteste Universität Europas zu sein - aber dieses Primat beanspruchen auch andere Städte. Jedenfalls war die Universität Bologna die erste Universität, die dem Experiment Raum gab. Die erste Universität, die die Studienrichtungen der Musik, des Theaters und Schauspiels akzeptierte. Die Labors, wo diese Kunstrichtungen studiert werden, befinden sich in unserem Kulturbezirk und wir machen häufig Kooperationen", sagt Maraniello.
La rossa, la dotta e la grassa - die Rote, die Gelehrte und die Fette wird die Stadt Bologna in Italien genannt. Die neue "Kunstfabrik" des MAMbo fügt dem Bild der Stadt eine weitere Facette in Richtung Weltoffenheit und Selbstkritik hinzu.
Die derzeit im MAMbo zu sehende Ausstellung "Dall'Italia alla Luna" ist Federico Fellini gewidmet. Die Italianità in den Phantasien von Fellini wird gezeigt, ebenso wie die Art, in der seine Träume und seine Psychoanalyse sein Filmwerk beeinflussten.