"European Homecare" kündigt Vertrag

Flüchtlingsbetreuung ist unrentabel

Weil die Betreuung von Asylwerbern unrentabel ist, hat das private deutsche Unternehmen "European Homecare" den Vertrag mit dem Innenministerium gekündigt. Das berichtet die Tageszeitung Der Standard. "European Homecare" war für die Betreuung von Asylwerbern in Traiskirchen und Thalham zuständig.

Mittagsjournal, 06.07.2010

Flüchtlingsbetreuung rechnet sich nicht

Zur Zeit befinden sich so wenige Flüchtlinge in den Aufnahmezentren, dass sich die Betreuung nicht mehr rechne. Deshalb habe "European Homecare" den Vertrag gekündigt, bestätigt Rudolf Gollia, Sprecher des Innenministerium. "Mit 31. Mai hat "European Homecare" den Vertrag gekündigt, mit der Begründung, dass der Satz, der pro Asylwerber für die Betreuungsleistung bezahlt wird, nicht mehr deckend ist. Das heißt: Bei einer niedrigen Anzahl von Asylwerbern, die es zu betreuen gilt, sind natürlich Mindeststandards trotzdem aufrecht zu erhalten, und diese Standards erfordern größere Ausgaben", sagt Gollia. 16 Euro erhält European Homecare pro Tag und pro Asylwerber.

Zahl der Asylwerber stark gesunken

Bis zu 1600 Asylwerber haben - etwa im Jahr 2004 - in Traiskirchen gelebt. Jetzt befinden sich insgesamt weniger als 400 Personen in Bundesbetreuung in den Erstaufnahmezentren, sagt Wilhelm Brunner, Sprecher von "European Homecare". Mindeststandards müssten gehalten werden, man brauche etwa Küchenpersonal, auch die Instandhaltungskosten blieben gleich, sagt Brunner.

Keine Mindestsumme festgelegt

Das Problem: In dem Vertrag mit dem Innenministerium sei keine Mindestsumme festgelegt, die an die Betreuungsorgansation gehe - unabhängig von der Zahl der zu betreuenden Asylwerber. Deshalb wurde gekündigt. Im Innenministerium kann man dies nachvollziehen, sagt Rudolf Gollia. Das Innenministerium habe sich für eine Neuauschreibung entschieden.

Neuausschreibung in Vorbereitung

Zur Zeit werde an der Neuausschreibung gearbeitet, sagt Gollia. Man gehe davon aus, dass diese im Herbst erfolgt. Bis dahin übernimmt "European Homecare" die Betreuung. Die Neuausschreibung wird möglicherweise einen gewissen Sockelbetrag für die Betreuungsorganisationen vorsehen. Es gibt aber auch andere Varianten, sagt Gollia. Es wäre auch eine Staffelung möglich: Der Betrag, der pro Kopf bezahlt wird, wird abhängig gemacht von der Belagszahl, sagt Gollia.

Kritik der Hilfsorganisationen

"European Homecare" wurde vor acht Jahren unter dem damaligen Innenminister Ernst Strasser engagiert. Damals gab es Unmut unter den heimischen Hilfsorganisationen. Sie kritisierten, dass es sich bei "European Homecare" um ein gewinnorientiertes Unternehmen handle. Das Schicksal von Flüchtlingen dürfe nicht der Willkür von Behörden und Geschäftemachern ausgesetzt werden, hieß es damals etwa seitens der Grünen.

Entscheidung im Frühjahr

Die Hilfsorganisationen haben sich zu der Zeit ebenso um die Betreuung von Flüchtlingen beworben. Sie wurden aber preislich von "European Homecare" unterboten. Nun wird die Betreuung neu ausgeschrieben. Bis zum kommenden Frühjahr soll entschieden werden, wer die Betreuung von Asylwerbern in Österreich weiterführt, heißt es im Innenministerium.