Darabos bestätigt Sparpläne

Geheimdienste müssen abspecken

Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) will die beiden Nachrichtendienste des Heeres personell radikal verkleinern. Der Minister will bis zu 300 der insgesamt 800 Posten streichen, das wären fast 40 Prozent. Der Koalitionspartner ÖVP hat Widerstand angekündigt. Doch der Verteidigungsminister hält an seinen Plänen fest.

Mittagsjournal, 13.07.2010

Ausreichend Sparpotenzial

Darabos will die Dienste nicht zusammenlegen, denn jeder habe seine Aufgabe. Aber Sparpotenzial gebe es "bei der Verwaltung und in diesem Bereich", so Darabos im Ö1 Mittagsjournal-Interview. Ob es tatsächlich ein Personalabbau um 40 Prozent ist, werde man noch sehen. An der Qualität werde sicher nicht gerüttelt, entgegnet Darabos Bedenken des Außenamts, das von den Geheimdiensten Expertisen erhält.

Autonomer Sparkurs

Der Minister ist allerdings nicht ganz sicher, dass er seine Sparpläne tatsächlich durchsetzen kann. Es gebe Widerstände der ÖVP, die er nicht verstehe, weil man gemeinsam vereinbart habe, dass jeder Minister in seinem Ressort autonom einspare. So habe er, Darabos, in der Zentralstelle bereits 300 Posten eingespart, weitere sollten folgen.

"Keine Parteipolitik"

Die ÖVP-Kritik an den jüngsten Neubesetzungen der Leitungsposten in den Geheimdiensten weist Darabos zurück. Die beiden Persönlichkeiten würden im Heer höchstes Ansehen genießen und den Aufgaben zu hundert Prozent gerecht. Sie seien auch keiner Partei zuordenbar. "Ich habe mit Qualität und Kompetenz besetzt", so Darabos. Das Prinzip, dass sich SPÖ und ÖVP die beiden Führungsposten teilen und somit gegenseitig kontrollieren, hält Darabos aus Qualitätsgründen für nicht beibehaltbar.

Ende des Proporzes

Am Montag hat Darabos zwei parteifreie, aber als SPÖ-nahe geltende Offiziere an die Spitze von Nachrichtenamt und Abwehramt berufen und ist damit von der traditionellen Besetzung im rot-schwarzen Proporz abgerückt. Brigadier Edwin Potocnik leitet jetzt das größere Heeres-Nachrichtenamt, Generalmajor Anton Oschep hat das Heeres-Abwehramt übernommen.

Traditionelle Farbenlehre

In Österreich wurde das militärische Nachrichtenwesen seit 1955 wieder aufgebaut. Per Ministerratsbeschluss erfolgte 1972 die Schaffung des Heeresnachrichtenamtes. Mitte der 80er Jahre wurden die Abwehraufgaben herausgelöst und zu einem eigenen Dienst aufgewertet, dem Heeresabwehramt. Seitdem werden eben Inlands- und Auslandsaufklärung in getrennten Diensten wahrgenommen. Und seit damals galt auch das ungeschriebene Gesetz, dass der eine an der Spitze politisch rot und der andere schwarz eingefärbt ist. Auch um sich gegenseitig zu kontrollieren. Damit hat Norbert Darabos jetzt Schluss gemacht.

Mittagsjournal, 13.07.2010

Balkan statt Ostblock

Informationsbeschaffung im Ausland - das die Haupttätigkeit des Heeresnachrichtenamtes (HNA). Dieser Nachrichtendienst sieht sich als sicherheitspolitisches Frühwarnsystem für Österreich und die Europäische Union. Zunächst waren Augen und Ohren vorderhand auf das Gebiet des Warschauer Paktes ausgerichtet, später rückte der Balkan in den Mittelpunkt. Wann immer und wo immer die Republik im Ausland ein Engagement plant, ob Bundesheer-Auslandseinsatz oder Katastrophenhilfe, das HNA liefert Informationen und Lageberichte. Zu diesem Zweck wird mit ausländischen Diensten kooperiert.

Sicherheit nach innen

Das Abwehramt, der militärische Inlandsdienst, soll hingegen Spionage gegen das Bundesheer oder Sabotage militärischer Einrichtungen verhindern. Und das Abwehramt ist auch für Sicherheitsüberprüfungen zuständig, etwa von Mitarbeitern in Ministerbüros. Es darf nicht Telefone abhören oder etwa den Emailverkehr überwachen. Wenn sich Informationen verdichten, dass eine strafbare Handlung bevorsteht, muss das Abwehramt die Sicherheitsbehörden einschalten.

Modern, aber überbesetzt?

Beide Dienste haben modernste technische Ausrüstung und - derzeit noch - zusammen etwa 800 Mitarbeiter. Nach Ansicht von Verteidigungsminister Darabos sind es aber offenbar zwei dramatisch überbesetzte Dienste, wenn er gleich bis zu 300 Mitarbeiter abbauen will.

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