Herausforderung für den Rechtsstaat
Symbolfigur Arigona Zogaj
Arigona Zogaj, ihre beiden kleineren Geschwister und ihre Mutter sind seit Donnerstagabend im Kosovo. Die vier wurden nach der Landung in Pristina völlig abgeschirmt. Vorangegangen ist ein fast drei Jahre dauerndes Tauziehen zwischen Behörden auf der einen und der Familie Zogaj und ihren Unterstützern auf der anderen Seite. Doch Arigonas Fall gleicht dem hunderter Kosovaren und anderer Flüchtlinge.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 22.06.2010
Staat will nicht erpressbar sein
In den vergangenen Tagen ist Arigona Zogaj von Paparazzi verfolgt worden, als wäre sie ein Filmstar. Bekannt wird sie aber im Herbst 2007 unter anderem durch eine Video-Botschaft mit Tränen in den Augen. Die damals 15-Jährige ist vor der geplanten Abschiebung ihrer Familie untergetaucht, hat in einem Brief ihren Selbstmord angekündigt, falls sie Österreich verlassen muss. Und sagt in dem Video, das sei ernst gemeint. Doch der damalige Innenminister Günther Platter (ÖVP) bleibt dabei: "Eines kann nicht sein, dass der Staat erpressbar wird."
Aufenthaltsverlängerung
Unterschriftenlisten und Demonstrationen folgen und eine Debatte über ein Bleiberecht für Familien, die schon viele Jahre lang gut integriert in Österreich leben. Innenminister Platter lässt Arigona und ihre Mutter bis Schulschluss 2008 bleiben, allerdings ohne die bereits abgeschobenen Geschwister.
Es folgen ein Selbstmordversuch der Mutter und psychiatrische Gutachten und deshalb eine weitere Aufenthaltsverlängerung.
Illegale Rückkehr
Um Weihnachten 2008 bringen die Zogaj-Brüder die kleinen Geschwister Albin und Albona illegal zurück nach Österreich. Arigona Zogaj und ihre Mutter stellen neuerliche Asylanträge und Innenministerin Maria Fekter formuliert: Sie habe nach den Gesetzen vorzugehen, egal ob sie "Rehlein-Äuglein aus dem Fernseher anstarren". Und Fekter plädiert für eine Familienzusammenführung im Kosovo. "Wenn man sich solange illegal in Österreich aufhält, kann man kann nicht darauf pochen, dass der Rechtsstaat in die Knie geht."
"Zogaj-Hürde" im Gesetz?
Per April 2009 beschließt der Nationalrat eine Neuregelung des humanitären Aufenthalts. Doch nur wer davor überwiegend legal in Österreich war, kann dieses Bleiberecht bekommen. Gertraud Jahn, Sprecherin einer Plattform für integrierte Asylwerber spricht von einer "Zogaj-Hürde", die "extra dafür geschaffen wurde, damit die Familie Zogaj nicht bleiben kann".
"Recht muss Recht bleiben"
Vor einem Monat dann die endgültige Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs. Er lehnt den Einspruch der Zogajs gegen ihren neuerlich negativen Asylbescheid ab. Und Vizekanzler Josef Pröll meint: "Der Oberste Gerichtshof hat entschieden und Recht muss Recht bleiben." Die nächsten Monate werden zeigen, ob es für die Zogajs tatsächlich einen legalen Weg zurück nach Österreich gibt.
"Freiwillig" ausgereist
Nach neun Jahren in Österreich ist die Familie Zogaj wieder im Kosovo. Arigona, ihre Mutter und ihre beiden jüngeren Geschwister sind am späten Abend mit einer AUA-Maschine in Pristina gelandet. Ohne die freiwillige Ausreise wären die Familie aus Österreich abgeschoben worden.