Wegen unsicherer Wirtschaftslage
Leiharbeiterboom hält an
Die Zahl der Leiharbeiter nimmt in Österreich rasant zu. Viele Firmen stellen sie derzeit lieber ein, als fixe Mitarbeiter anzustellen. Der Grund sind die eher unsicheren Wirtschaftsaussichten. Bei der Gewerkschaft sieht man diese Entwicklung mit Sorge, Leiharbeiter seien in vielen Fällen Mitarbeiter zweiter Klasse.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 02.08.2010
Schon 80.000
Erich Pichorner ist Geschäftsführer bei Manpower. Das ist die derzeit drittgrößte Firma in Österreich, die Leiharbeiter vermittelt. Bei ihm zeigen die Zahlen seit einem halben Jahr steil nach oben.
Insgesamt sind in Österreich derzeit fast 80.000 Leiharbeiter beschäftigt. Im Jänner waren es noch etwas über 50.000. Vor allem in der Autozulieferindustrie, aber auch in der Lebensmittelindustrie sind Leiharbeiter derzeit sehr gefragt.
Schnelle Vermittlung
Das System funktioniert so: Die Leiharbeiter werden von einer Verleihfirma an andere Unternehmen vermittelt und für die Dauer des Auftrags auch bezahlt. So kann der Arbeitgeber dieses Personal schnell anheuern, und ebenso unkompliziert wieder loswerden. Die Verleihfirma bekommt für dieses Service eine Gebühr.
Die Vorteile für den Arbeitgeber beschreibt Erich Pichorner von Manpower so: man übernehme nicht nur die Dienstgeberfunktion, sondern heuere die Arbeitskräfte auch an.
Und was ist mit den Leiharbeitern selbst? Für die gibt es seit 2002 einen Kollektiv-Vertrag. Die Firma Manpower sagt, bei Ihnen würden Leiharbeiter gleich hoch bezahlt wie das Stammpersonal. Und auch sonst achte man auf gleiche Arbeitsbedingungen.
Gewerkschaft besorgt über Trend
Doch die Gewerkschaft ist besorgt über den Trend zu immer mehr Leiharbeitern. Denn diese seien Mitarbeiter zweiter Klasse. Da wären zum einen die Arbeitsunfälle. Leiharbeiter müssten oft die gefährlichsten Tätigkeiten verrichten, oft ohne die notwendige Schulung, sagt René Schindler von der Produktions-Gewerkschaft Pro-Ge, der früheren Metallergewerkschaft.
Zum anderen seien Leiharbeiter extrem armutsgefährdet. Weil sie oft nur für relativ kurze Zeit am Stück angeheuert werden, um dann wieder in die Arbeitslosigkeit entlassen zu werden. Denn bei der Leiharbeiterfirma werden die Mitarbeiter zwischen zwei Aufträgen in der Regel nicht weiterbeschäftigt.
Und wer Leiharbeiter ist, müsse damit rechnen, seine Arbeit aus einem geringen Anlass zu verlieren, sagt Schindler. Beim Kunden dürften sie nicht in der geringsten Weise auffallen.
Deckelung verlangt
Bei der Gewerkschaft verlangt man daher, dass Leiharbeit gesetzlich beschränkt wird. Gefordert sei hier Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ). In jeder Firma sollten demnach nicht mehr als maximal 10 Prozent Leiharbeiter beschäftigt werden dürfen. Derzeit sei man in einigen Branchen schon über diesem Prozentsatz.