"Meine Literatur ist tragisch"

Stille Wut

Bei der diesjährigen Frankfurter Buchmesse ist Argentinien Gastland. Über hundert argentinische Autoren präsentieren ihre Werke, die zum Teil erstmals auf Deutsch übersetzt wurden. Einer dieser ist Sergio Bizzio, Autor des Romans "Stille Wut".

Kultur aktuell, 03.08.2010

Spaziergang zum Erfolg

Als "einen perfekten Roman voll schockierender Kraft" und "das Beste, was die aktuelle Literatur Argentiniens zu bieten hat", so beschrieb die Tageszeitung "Clarin" das Werk Stille Wut" von Sergio Bizzio. Das Buch erschien erstmals 2004 in Argentinien und ist letztes Jahr verfilmt worden.

Die Idee zu diesem Roman ist die Folge einer Beobachtung gewesen, die der Autor bei einem Spaziergang durch das bekannte Viertel Recoleta machte. Dort stehen noch heute die prunkvollsten Villen von Buenos Aires.

"Meine frühere Frau wohnte in der Nähe einer sehr großen Villa, die bis zu fünf Stockwerke hatte", erzählt Bizzio". Mir fiel immer auf, dass es mindestens 100 Fenster hatte aber nur immer bei einem das Licht brannte. Mal im Erdgeschoss, im ersten oder im zweiten Stock. Eines Tages erfuhr ich, dass dort eine alte Frau mit ihrer Putzfrau lebte. Mein erster Gedanke war, dass in diesem Haus ohne Probleme drei Familien wohnen könnten, ohne dass die alte Dame das merken würde. Das war der Ursprung von 'Stille Wut'."

Vor der Freundin versteckt

Mysteriös und spannend klingt die Kurzbeschreibung von Sergio Bizzio über seinen Roman: "'Stille Wut' ist die Geschichte eines Mannes, der sich in einer großen Villa versteckt, in dem seine Freundin arbeitet", sagt Bizzio. "Über Jahre lebt er in diesem Haus, ohne dass dies jemand mitbekommt. Noch nicht einmal seine eigene Freundin, die dort als Putzfrau arbeitet."

Sergio Bizzio beschreibt sich als einen lebensfrohen Menschen. Sein verschmitztes Lächeln und die Lachfalten um seine Augen deuten auf eine humorvolle Person hin. Er liebe Ironie, erzählt der 54-Jährige Autor, während Sarkasmus und Zynismus ihn jedoch ermüden würden. Seine Literatur bezeichnet er eher als tragisch.

"Meine Literatur hat sehr viel Humor, ich könnte sagen, Humor ist mein größter Feind, da er sich mir ständig aufdrängt. Aber meine Literatur ist tragisch. Mein Hauptthema ist das sich Verschließen, Eingeschlossen sein", erzählt Bizzio. "Die Protagonisten in meinen Romanen sind immer eingeschlossen, in der 'Stillen Wut' ist es der Mann, in einem anderen Roman sind es Außerirdische in ihrem UFO, das in der argentinisch Pampa eingegraben ist und in meinem letzten Werk sind Leute in einem Fernsehstudio eingesperrt. Das ist definitiv mein Hauptthema."

Romane, Drebücher und ein Gedicht

Sergio Bizzio hat zwölf Romane veröffentlicht und etliche Drehbücher und Theaterstücke geschrieben doch sein allererstes Werk war ein Liebesgedicht. Mit zwölf Jahren schrieb er es für eine Freundin. Doch dieses Gedicht sei nicht für die Öffentlichkeit, zumindest noch nicht, erklärt er schmunzelnd: "Niemals könnte ich ein Gedicht aufsagen, dass ich seit meinem zwölften Lebensjahr geheim halte. Aber ich erinnere mich noch genau an jedes Wort. Eines Tages, wenn das Gedicht und ich beide älter geworden sind, werden wir es vortragen, jetzt wäre es mir peinlich."

Auf die Frankfurter Buchmesse wird Sergio Bizzio nicht gehen - er findet Messen anstrengend. Er freue sich jedoch, dass sein Roman dort sei und ihn somit repräsentieren würde. Das, so der argentinische Autor, sei vollkommen ausreichend.

Service

Sergio Bizzio, "Stille Wut", Deutsche Verlags-Anstalt

Frankfurter Buchmesse