Insgesamt elf Milliarden Euro Schulden

Immer mehr Gemeinden verschuldet

Österreichs Gemeinden sind stark verschuldet. Jede zweite Gemeinde hat bereits ein Haushaltsdefizit. Insgesamt haben die knapp 2.400 Gemeinden mehr als elf Milliarden Euro Schulden. Noch kann die Mehrheit der Gemeinden ihre Ausgaben durch Einnahmen decken, spätestens in drei Jahren dürfte das aber nicht mehr gehen.

Morgenjournal, 13.08.2010

Anteil an Steuereinnahmen

Alle Gemeinden zusammengerechnet nehmen heuer rund 12,5 Milliarden Euro ein. Dem stehen Ausgaben von 12,1 Milliarden Euro gegenüber. Den Großteil der Einnahmen bekommen die Gemeinden über den Finanzausgleich vom Bund. Konkret erhalten sie über einen fix vereinbarten Verteilungsschlüssel einen Anteil an den Steuereinnahmen des Bundes.

Minus trotz leichter Erholung

Wegen der Wirtschaftskrise hat der Bund im letzten Jahr weniger Steuern eingenommen. Für die Gemeinden bedeutet das, dass sie heuer um bis zu 300 Millionen Euro weniger bekommen. Auch wenn sich die Wirtschaft jetzt wieder erholt und die Einnahmen durch Umsatzsteuer, Energieabgabe und Mineralölsteuer wieder steigen, haben die Gemeinden heuer dennoch ein Minus in Millionen-Höhe.

Viele Gemeinden bräuchten diese fehlenden Millionen dringend, um die laufenden Ausgaben zu finanzieren. Das meiste Geld geben sie für den Gesundheitsbereich und für Soziales wie etwa Notstandshilfen aus. Aber auch Verwaltungs- und Betriebskosten sowie die Ausgaben für das Personal verschlingen in Summe Milliarden.

Spekulationsverluste

Dutzende Gemeinden kämpfen auch noch damit, dass sie in der Finanzkrise durch Fehlinvestitionen und Spekulationen in Summe rund 50 Millionen Euro verloren haben. Betroffen waren rund 100 Gemeinden vor allem in Niederösterreich, dem Burgenland und in der Steiermark.

Pro-Kopf-Verschuldung in NÖ am höchsten

Zusammengerechnet haben alle Gemeinden Österreichs mittlerweile mehr als 11 Milliarden Euro Schulden. Rechnet man diese 11 Milliarden auf jeden einzelnen Gemeindebürger um, so ist die Pro-Kopf-Verschuldung in Niederösterreich mit knapp 2.300 Euro am höchsten.

Zahl der Defizit-Gemeinden wächst

Fast die Hälfte aller Gemeinden in Österreich hat bereits ein Haushaltsdefizit, das heißt, diese Gemeinden geben mehr aus als sie einnehmen. Spätestens in drei Jahren, so schätzt das Forschungszentrum KDZ, wird die Mehrheit der Gemeinden ein Defizit haben.

400.000 Euro Schulden

Reportage aus der Gemeinde Oberwalterdorf im Morgenjournal, 13.08.2010 von

Ein Beispiel aus Niederösterreich

Oberwaltersdorf in Niederösterreich ist eine jener Gemeinden, denen finanziell das Wasser bis zum Hals steht. Die 4.500 Einwohner-Gemeinde hat mehr als 400.000 Euro Schulden. Den Hauptgrund sehen viele darin, dass die Gemeinde ein großes Veranstaltungszentrum gebaut hat, das sich letztendlich als zu teuer und zu wenig ausgelastet erwiesen hat. Als Folge stellt das erste Mal seit dem zweiten Weltkrieg nicht die SPÖ den Bürgermeister. Die Gemeinderatswahl brachte Gewinne für die ÖVP und der neue Ortschef sagt: "Die Gemeinde ist de facto pleite."

20-Jahre-Sanierungsplan

Im Jahr 2009 hat die Gemeinde mit einem Minus von 200.000 Euro bilanziert. Wäre da nicht eine unerwartete 700.000 Euro Einmal-Zahlung vom Abwasserverband gekommen, wäre es fast eine Million gewesen. Der Bürgermeister hat einen 20-Jahre-Sanierungsplan ausgearbeitet, den er dem Land vorlegen will.