Österreichische Erstaufführung in Bregenz

Lucas Bärfuss' "Öl"

Maßlose Gier und rücksichtslose Ausbeuterei führen zu nachhaltiger Gewissenzerüttung und schließlich zum Wahnsinn. So sieht die Welt in Lucas Bärfuss' Theaterstück "Öl" in der Inszenierung von Stephan Kimmig und dem Deutschen Theater Berlin aus.

Am 19. August 2010 feierte das Stück im Theater am Kornmarkt in Bregenz seine österreichische Erstaufführung im Rahmen der Bregenzer Festspiele.

Kultur aktuell, 20.08.2010

Wahnsinn in einer zerstörten Welt

Trostlos, grau und beengt ist die Welt, in der Eva Kahmer ihre Tage zubringt. Sie sitzt in ihrer bunkerartigen Wohnung in einer Provinzstadt, raucht und trinkt. Rau, dreckig und von Mücken bevölkert, ist die Welt, in der ihr Mann Herbert, zusammen mit einem Ingenieur, erfolglos auf der Suche nach Öl die Taiga zerbohrt. Die Gier nach dem schwarzen Gold hat das Trio in ein vom Krieg zerrüttetes instabiles Land gebracht.

In dieser verunsichernden Fremde sind die Individuen komplett auf sich selbst zurück geworfen. Sie entfernen sich voneinander und entfremden sich von sich selbst. So kann es etwa passieren, dass sich Herberts Rückkehr von der Arbeit um eine Woche verspätet während Eva immer seltsamer wird. Beinahe sadistisch malträtiert sie ihre Haushälterin und entpuppt sich dabei zusehends als fahrige, hysterische Alkoholikerin, die ständig am Rande des Nervenzusammenbruchs steht.

Das Große spiegelt sich im Kleinen wieder

Die permanente Ausbeutung eines Landes und seiner Leute zwecks persönlicher Bereicherung funktioniert nur so lange wie zurechtgebogene Verdrängungsmechanismen funktionieren. Sobald das personifizierte Gewissen die Bühne betritt, bricht die Realität ein wie ein Kartenhaus. Wobei trotz Themen wie Gier, Beziehungsdrama und Wahnsinn gelacht wird. Tragik und Komik liegen auch hier, wie so oft, ganz nahe beieinander. Das Publikum war vor allem von den schauspielerischen Leistungen begeistert und reagierte mit spontanem Zwischenapplaus während der Vorstellung.