Im Zeit-Raum: Warum wir kreative Visionen brauchen
Spiritualität und Ethik für einen Kurswechsel in eine nachhaltige Zukunft. Der Kommunikationswissenschaftler und Wirtschaftscoach Claus Eurich im Gespräch mit Johannes Kaup.
21. August 2018, 21:46
"Truth is, what works" - so lautet der ernüchternde Befund einer Politik, die sich heute rein pragmatisch, kurzfristig und wahltaktisch orientiert. So eine Politik stößt - angesichts der großen Herausforderungen unserer Zeit - bei vielen wachen Bürgerinnen und Bürgern zunehmend auf Skepsis, Ablehnung und Zorn. Denn die Folgen dieser Geistlosigkeit manifestieren sich in zahlreichen Krisenphänomenen, die in Gesellschaft, Wirtschaft, Ökologie und Kultur in den letzten Jahren spürbar geworden sind.
Diese Krise ist aber nur ein Ausdruck einer umfassenderen Krise unseres modernen Bewusstseins - "Was uns heute fehlt, sind gemeinsame verbindliche Visionen", ist der renommierte Dortmunder Kommunikationswissenschaftler und Wirtschaftscoach Claus Eurich überzeugt. Visionen sind umfassende Entwürfe einer Zukunftssituation. Sie haben einen zeitkritischen Charakter, weil sie sich auf Zukunft beziehen oder der Gegenwart einen kritischen Spiegel vorhalten. Visionen sind die Folge eines starken kreativen Prozesses, der Menschen ansteckt und aus der Stagnation in Bewegung bringt. Weil sie sich auf einen gemeinsam als richtungsweisend erkannten Inhalt beziehen, sind sie auch identitätsbildend für Menschen.
Eine Vision ist aber keine Ideologie, kein Konstrukt und keine Utopie. Eine tragfähige Vision hat ein spirituelles und ethisches Fundament. Sie ist nicht starr und abstrakt, sondern lernt von anderen und ist empathisch für andere Erfahrungen. Das gilt für die systemischen Visionen ebenso, wie für die unternehmerischen und die individuellen. Der in der Gesellschaft extrem ausgebildete Individualismus muss allerdings kritisch beleuchtet werden. Denn kreative zukunftsfähige Visionen können nur entwickelt werden, wenn Menschen bereit sind, ihre zwanghaft betonte Andersheit und Nicht-Kooperation zugunsten von gemeinsamen Zielen zu überwinden.
Ich spreche mit dem Kommunikationswissenschaftler Claus Eurich über die Notwendigkeit und die Kraft der Visionen für einen gesellschaftlichen Kurswechsel. Claus Eurich, Jahrgang 1950, ist Professor für Kommunikationswissenschaft, Kulturtheorie und Ethik an der Universität Dortmund.
Text: Johannes Kaup
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Eine Veranstaltung in Kooperation mit der Wiener Zeitung und mit TW1.
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Im Zeit-Raum: Warum wir kreative Visionen brauchen
Dienstag, 5. Oktober 2010
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