Roma-Politik immer umstrittener
Regierung startet in heißen Herbst
In Paris tritt die Regierung erstmals nach Sommerpause zusammen. Präsident Sarkozy hatte Mitte Juli eine strengere Sicherheitspolitik angekündigt, die sich vor allem gegen Immigranten und Roma richtet. Kritiker meinen, Sarkozy wolle damit nur von eigenen Problemen und umstrittenen Reformen ablenken.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 25.08.2010
"Freiwillige" Roma-Rückkehr
Kaum ein Tag vergeht in Frankreich ohne, dass eine illegale Roma-Siedlung geräumt wird. Und auch diese Woche gibt es wieder Flüge, die Roma zurück nach Rumänien und Bulgarien bringen. Die Regierung betont immer wieder, diese Menschen würden das Land freiwillig verlassen. Am Mittwoch werden außerdem zwei rumänische Staatssekretär in Paris erwartet, um offene Fragen rund um die Rückführung der Roma in ihre Heimat zu klären.
Papst löst Debatte aus
Trotzdem reißt die Kritik nicht ab, und dass sich zuletzt selbst Papst Benedikt XVI. indirekt zu den Abschiebungen geäußert hatte und in französischer Sprache zu universeller Brüderlichkeit aufgefordert hatte, schlägt selbst im laizistischen Frankreich hohe Wellen. Innenminister Brice Hortefeux will den Erzbischof von Paris in zwei Wochen zu einer Aussprache treffen und die Opposition sieht sich in ihrer Kritik bestätigt.
"Demütigung für Frankreich"
Die ehemalige sozialistische Präsidentschaftskandidatin Ségolène Royal: "Diese Kritik des Papstes, der in die Kameras aus aller Welt gesprochen hat, ist eine Demütigung für ganz Frankreich. Und es ist längst Zeit, dass Sarkozy sich erinnert, dass der der Präsident von ganz Frankreich ist."
Kritik an Parteikurs
Neben der Roma-Debatte sorgt auch der Plan des Staatsbürgerschaftsentzugs für Zündstoff. Die Regierung will ja die Möglichkeit schaffen, Franzosen mit Migrationshintergrund die Staatsbürgerschaft zu entziehen, sollten sie zum Beispiel einen Polizisten verletzen. Und so wird jetzt auch in der eigenen Partei der Regierungskurs hinterfragt. Der konservative Ex-Premier Jean-Pierre Raffarin: "Man muss die Linie der UMP wieder in die richtige Bahn lenken. Das ist ein Zentrumspartei und keine rechte Partei. Und wir müssen als stimmenstärkste Partei Verantwortung übernehmen."
"Ablenkungsmanöver Sarkozys"
Und da stehen im Frankreich im Herbst eine umstrittene Pensionsreform an und eine strikterer Sparkurs, immerhin erholt sich Frankreich nur langsam von der Krise. Noch einmal Ségolène Royal: "Sarkozy wollte, dass die Franzosen die wichtigen Dinge vergessen, die anstehen: die Verschlechterung des Pensionssystems, die Verunsicherung am Arbeitsmarkt der Rückgang der Kaufkraft, und die tiefe moralische Krise, in der die französische Gesellschaft steckt. Und das kommt jetzt eben zurück wie ein Bumerang."
Der erste Ministerrat nach der Sommerpause ist also wohl nur die Ouvertüre für einen politisch heißen Herbst in Frankreich.